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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1345/21

Gesetze: Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 10 Abs 1 GG, Art 13 Abs 1 GG, Art 13 Abs 2 GG, Art 13 Abs 3 GG, Art 13 Abs 4 GG, Art 13 Abs 7 GG, Art 74 Abs 1 Nr 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 4 GG, § 7 Abs 1 Nr 4 SOG MV 2020 vom , § 26a Abs 3 S 1 Halbs 2 SOG MV 2020 vom , § 33 Abs 2 S 1 SOG MV 2020 vom , § 33 Abs 2 S 3 SOG MV 2020 vom , § 33b Abs 1 S 2 SOG MV 2020 vom , § 33c Abs 1 S 2 SOG MV 2020 vom , § 33c Abs 5 Alt 2 SOG MV 2020 vom , § 33d Abs 1 S 1 Nr 2 SOG MV 2020 vom , § 33d Abs 3 S 3 SOG MV 2020 vom , § 34 S 1 SOG MV 2020 vom , § 35 Abs 1 S 1 SOG MV 2020 vom , § 35c Abs 1 S 2 SOG MV 2020 vom , § 44 Abs 1 S 1 Nr 1 SOG MV 2020 vom , § 67a Abs 1 SOG MV 2020 vom , § 67c Halbs 1 Nr 1 SOG MV 2020 vom , § 163e StPO

Regelungen des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Mecklenburg-Vorpommerns (SOG MV) zu bestimmten Befugnissen (besondere Mittel der Datenerhebung, Wohnraumüberwachung, Online-Durchsuchung, Telekommunikationsüberwachung, heimliche Wohnungsbetretung, Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung sowie Rasterfahndung) teilweise verfassungswidrig - Maßgaben zur Fortgeltung bis zu einer Neuregelung, längstens bis Ende 2023

Leitsatz

1. Der Einsatz von Vertrauenspersonen und verdeckt Ermittelnden kann den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Das gilt, wenn sie hierdurch kernbereichsrelevante Informationen erlangen. Darüber hinaus kann ihre Interaktion mit einer Zielperson unter besonderen Voraussetzungen bereits als solche den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren, ohne dass es noch auf den Inhalt der hierdurch erlangten Informationen ankäme. Der Gesetzgeber muss den Kernbereichsschutz normenklar regeln. Zum einen muss er auf der Ebene der Datenerhebung Vorkehrungen treffen, die nach Möglichkeit ausschließen, dass Kernbereichsinformationen miterfasst werden. Zum anderen sind auf der Ebene der nachgelagerten Auswertung und Verwertung die Folgen eines dennoch erfolgten Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung strikt zu minimieren.

2. Das heimliche Betreten einer Wohnung zur Vorbereitung einer gefahrenabwehrrechtlichen Online-Durchsuchung oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung kann weder auf Art. 13 Abs. 2 GG noch auf Art. 13 Abs. 3 und 4 GG gestützt werden. Jedoch kommt Art. 13 Abs. 7 GG als verfassungsrechtliche Grundlage in Betracht, wenn wenigstens eine konkretisierte Gefahr für ein Rechtsgut von sehr hohem Gewicht vorliegt und eine richterliche Anordnung erfolgt ist.

3. Dem Land fehlt die Gesetzgebungskompetenz für eine Regelung, welche die Polizei zur Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten zur Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung ermächtigt, weil der Bund insoweit mit § 163e StPO von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2022:rs20221209.1bvr134521

Fundstelle(n):
EAAAJ-32471

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