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BGH Urteil v. - VI ZR 116/22

Gesetze: § 823 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 1004 Abs 1 BGB, § 353d Nr 3 StGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, Art 8 Abs 1 MRK, Art 10 Abs 1 MRK

Anspruch auf Unterlassung der wörtlichen Wiedergabe von Auszügen aus von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmten Tagebüchern: Voraussetzung der Anerkennung einer Rechtsnorm als Schutzgesetz; Schutzgesetzeigenschaft der Strafnorm betreffend verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen; Tagebuchaufzeichnungen als amtliche Dokumente des Strafverfahrens; besonderer Dokumentationswert eines wörtlichen Zitats im Rahmen einer Berichterstattung

Leitsatz

1. Die Anerkennung einer Rechtsnorm als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB setzt unter anderem voraus, dass die Schaffung eines individuellen - unter Umständen zusätzlichen - Anspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint. Bei dieser Beurteilung ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Haftungs- und Beweiserleichterungen zu knüpfen. In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, ob der Geschädigte in ausreichender Weise anderweitig abgesichert und ein deliktischer Schutz derselben Interessen über § 823 Abs. 2 BGB deshalb entbehrlich ist. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob ein durch ein Schutzgesetz geschaffener Anspruch im Widerspruch zu allgemeinen Rechtsprinzipien stünde, und zu fragen, ob dieser Widerspruch wirklich gewollt ist.

2. Zur Frage, ob § 353d Nr. 3 StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt.

3. Private Tagebuchaufzeichnungen, die von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt wurden, sind keine amtlichen Dokumente des Strafverfahrens im Sinne von § 353d Nr. 3 StGB.

4. Dem wörtlichen Zitat kommt wegen seiner Belegfunktion ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen einer Berichterstattung zu. Es dient dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts und hat deshalb eine besondere Überzeugungskraft.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:160523UVIZR116.22.0

Fundstelle(n):
BB 2023 S. 1921 Nr. 35
NJW 2024 S. 51 Nr. 1
NJW 2024 S. 58 Nr. 1
WM 2023 S. 1395 Nr. 30
ZIP 2024 S. 85 Nr. 2
wistra 2023 S. 5 Nr. 7
JAAAJ-44489

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