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BSG Urteil v. - B 7 AS 10/22 R

Gesetze: § 66 Abs 1 SGG, § 66 Abs 2 SGG, § 84 Abs 1 S 1 SGG vom , § 84 Abs 2 S 3 SGG, § 170 Abs 2 S 2 SGG, § 36a Abs 1 SGB 1, § 36a Abs 2 SGB 1, § 36 SGB 10

(Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Versäumung der Widerspruchsfrist - Anforderungen an eine vollständige Rechtsbehelfsbelehrung - Briefkopf eines Bescheids - Angabe einer E-Mail-Adresse der Behörde - Hinweis auf Widerspruchseinlegung in elektronischer Form als notwendiger Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung - elektronische Form nach § 36a Abs 2 SGB 1 - kein Unterfall der Schriftform)

Leitsatz

1. Die Berufungen der Kläger bedurften gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung, obwohl die ihnen gegenüber geltend gemachten Forderungen jeweils für sich den Wert des Beschwerdegegenstands von 750 Euro nicht überstiegen. Mehrere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft können ihre Klagen gemeinschaftlich führen. Die subjektive Klagehäufung führt zu einer Addition der geltend gemachten Ansprüche, wofür die Rücknahme- und Erstattungsentscheidung gegenüber mehreren Personen in einem einheitlichen Bescheid jedenfalls hinreichende, wenn auch nicht notwendige Bedingung ist.

2. Da durch den Beklagten selbst die elektronische Kommunikation mit der Behörde ohne Beschränkung eröffnet war, hatte er über die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs in elektronischer Form nach § 36a Abs. 2 SGB I zu belehren. Ob der Beklagte verpflichtet war, den Zugang für die elektronische Form nach § 36a Abs. 2 SGB I wahrende Dokumente zu eröffnen, kann dahingestellt bleiben. Denn der Beklagte hat mit der Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf des angefochtenen Bescheids den für die Übermittlung eines elektronischen Dokuments erforderlichen Zugang i.S. des § 36a Abs. 1 SGB I zumindest konkludent eröffnet. Diese Zugangseröffnung verpflichtete ihn zu korrespondierenden Hinweisen in der Rechtsbehelfsbelehrung. Daran ändern tatsächlich nicht vorgehaltene technische Möglichkeiten zur Bearbeitung elektronisch eingelegter Widersprüche oder eine fehlende Nutzung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) nichts.

3. Nur für die Einreichung bei Gericht sind die zugelassenen elektronischen Übermittlungswege durch § 4 Abs. 1 ERVV auf die sicheren Übermittlungswege des § 65a Abs. 4 SGG und das EGVP beschränkt. Im Verwaltungsverfahren ist die Einreichung eines Widerspruchs über den Übermittlungsweg einer einfachen E-Mail daher nicht ausgeschlossen. In diesem Fall ist die Verwendung eines elektronischen Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur erforderlich, aber auch ausreichend. Soweit eine Behörde ein E-Mail-Postfach hat, kann sie qualifiziert signierte Dokumente elektronisch empfangen.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2023:270923UB7AS1022R0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 2421 Nr. 33
NJW 2024 S. 2424 Nr. 33
YAAAJ-63584

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