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BGH Urteil v. - I ZR 27/23

Gesetze: Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 20b UrhG, § 87 Abs 5 UrhG, § 34 Abs 1 S 2 VVG, § 35 VVG, § 37 VVG, § 39 Abs 1 VVG, § 105 Abs 3 S 1 VVG, § 130 S 1 VVG, Art 16 Abs 2 UAbs 1 S 1 EURL 26/2014

Gesamtvertrag Kabelweitersendung

Leitsatz

Gesamtvertrag Kabelweitersendung

1. Bei der Festsetzung eines Gesamtvertrags kann eine Indizwirkung für die Billigkeit einer Regelung nicht nur vergleichbaren Regelungen in anderen Gesamtverträgen, sondern auch vergleichbaren Regelungen in Verträgen zukommen, die eine Verwertungsgesellschaft mit einzelnen Unternehmen abgeschlossen hat, soweit nicht besondere Umstände gegen eine solche Annahme sprechen (Fortführung von , GRUR 2021, 604 [juris Rn. 20 bis 22] = WRP 2021, 644 - Gesamtvertragsnachlass).

2. Ist ein Referenzvertrag gekündigt worden, so kann seine etwaig fortdauernde Indizwirkung für die Festsetzung eines Gesamtvertrags nicht allein mit Blick auf die Kündigungserklärung, sondern nur in Ansehung der Umstände beurteilt werden, die zur Kündigung geführt haben. Diese Umstände liegen in der Darlegungs- und Beweislast derjenigen Partei, die die Unangemessenheit der bisherigen Regelung geltend macht (Fortführung von , GRUR 2021, 604 [juris Rn. 20 bis 22 und 24] = WRP 2021, 644 - Gesamtvertragsnachlass).

3. Der Begriff der angemessenen Vergütung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2014/26/EU, dessen Umsetzung § 34 Abs. 1 Satz 2 VGG dient, bedarf zwar der einheitlichen Auslegung in dem Sinne, dass die Angemessenheit insbesondere anhand des wirtschaftlichen Werts der Nutzung und mit Blick auf die insbesondere in den Erwägungsgründen zum Ausdruck kommenden Ziele des einschlägigen Unionsrechts zu ermitteln ist, jedoch ist die Festsetzung der Kriterien innerhalb der vom Unionsrecht gezogenen Grenzen den Mitgliedstaaten vorbehalten (Anschluss an , Slg. 2003, I-1251, [juris Rn. 34 bis 37] = GRUR 2003, 325 - SENA; Urteil vom - C-192/04, Slg. 2005, I-7199 [juris Rn. 48 bis 50] = GRUR 2006, 50 - Lagardère Active Broadcast).

4. Bei der Kabelweitersendung mittels Internet Protocol (IP-TV) kann ein für die Bestimmung der angemessenen Vergütung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 VGG relevanter wirtschaftlicher Wert der Nutzung nicht bereits in der hierbei erfolgenden Erhebung von Nutzerdaten, sondern erst in deren wirtschaftlicher Verwertung durch die Kabelnetzbetreiber liegen.

5. Verzichtet das Oberlandesgericht in einem nach § 130 VGG festgesetzten Gesamtvertrag auf die Regelung über den Wegfall des Gesamtvertragsrabatts bei Einleitung behördlicher oder gerichtlicher Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der vertraglichen Vergütung durch den Vertragspartner, so entspricht dies mit Blick auf dessen gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Justizgewährungsanspruch billigem Ermessen.

6. Hat sich die Schiedsstelle mit dem Gesichtspunkt der Laufzeit des Gesamtvertrags im Einigungsvorschlag befasst, führt der Umstand, dass der Kläger im anschließenden gerichtlichen Verfahren die Festsetzung einer längeren Laufzeit beantragt, nicht zur Unzulässigkeit des Antrags auf Festsetzung eines Gesamtvertrags.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250724UIZR27.23.0

Fundstelle(n):
ZIP 2024 S. 4 Nr. 35
FAAAJ-72444

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