Hauptverhandlung in Strafsachen: Verlesung und Verwertung von durch Organe oder Einrichtungen der Vereinten Nationen zu Beweiszwecken für behördliche oder gerichtliche Verfahren verfassten Berichten; Begrenzung der allgemeinen Funktionsträgerimmunität bei völkerrechtlichen Verbrechen
Leitsatz
1. Berichte, die Organe oder Einrichtungen der Vereinten Nationen zu Beweiszwecken für behördliche oder gerichtliche Verfahren verfasst haben, unterfallen dem Anwendungsbereich des § 250 Satz 2 StPO. Nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO können sie gleichwohl in zulässiger Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes verlesen und damit verwertet werden.
2. Die allgemeine Funktionsträgerimmunität findet ihre Grenze in völkerrechtlichen Verbrechen unabhängig vom Status und Rang des Täters. Dies gilt für Taten, deren Strafbarkeit unmittelbar im allgemeinen Völkergewohnheitsrecht verwurzelt ist. Dazu zählen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, so wie diese Delikte als gewohnheitsrechtlich verfestigter Bestand des Völkerstrafrechts in den Strafvorschriften des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und dementsprechend im Völkerstrafgesetzbuch festgeschrieben sind.
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2024:200324B3STR454.22.0
Fundstelle(n): NJW 2024 S. 10 Nr. 34 NJW 2024 S. 3166 Nr. 43 NJW 2024 S. 3169 Nr. 43 wistra 2024 S. 425 Nr. 10 WAAAJ-72593