Fahrberechtigung für Triebfahrzeuge - Entziehung der Zusatzbescheinigungen
Leitsatz
1. Wird eine Kündigung auf einen Eignungs- oder Befähigungsmangel gestützt, der zu einer Störung des Arbeitsverhältnisses führt, ist diese nur verhältnismäßig, wenn der Eignungs- oder Befähigungsmangel nach einer vorzunehmenden Prognose nicht in einem vertretbaren Zeitraum behoben werden kann. Die Beklagte ist ihrer Obliegenheit nicht nachgekommen, die für einen dauerhaften Entzug der Zusatzbescheinigungen für die Tätigkeit eines Triebfahrzeugführers oder zumindest für deren Fehlen auf absehbare Zeit sprechenden Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte für den Zeitraum Mai 2021 bis Januar 2022 entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts die eingeklagte Vergütung nicht unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht darauf abgestellt, die Beklagte habe es dem Kläger mit ihrem Verlangen der Herausgabe der Zusatzbescheinigungen unmöglich gemacht, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Dabei hat es nicht berücksichtigt, dass die Beklagte hierzu nach pflichtgemäßem Ermessen berechtigt war, zumal der Kläger auch nach seiner eigenen Darstellung bei seiner Tätigkeit als Triebfahrzeugführer am einen Pflichtverstoß begangen hat.
3. Der Kläger war im streitigen Zeitraum rechtlich nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Am händigte er der Beklagten auf deren Verlangen seine Zusatzbescheinigungen der Klassen A (Rangierfahrten) und B1 (Personenverkehr) aus, die zuvor von ihr entzogen wurden. Damit fehlte ihm die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 TfV aF erforderliche Fahrberechtigung, derer er für die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten bedurfte.
4. Die Anschlussrevision des Klägers (§ 554 ZPO) betreffend die Kosten der ihm vom Eisenbahn-Bundesamt auferlegten Nachschulung ist unzulässig. Ihrer Zulässigkeit steht entgegen, dass das Landesarbeitsgericht die Revisionszulassung auf die Beklagte beschränkt hat, und die davon betroffenen Ansprüche des Klägers mit dem Anspruch betreffend die Schulungskosten nicht in dem erforderlichen unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Neuregelung der Anschlussrevision im Jahr 2001 ändert nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist.