Vorlage zur Vorabentscheidung – Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit – Familienleistungen – Rückwirkende Zahlung – Umzug der berechtigten Person in einen anderen Mitgliedstaat – Art. 81 – Begriff ‚Antrag‘ – Art. 76 Abs. 4 – Pflicht zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit – Nichterfüllung – Zwölfmonatige Verjährungsfrist – Effektivitätsgrundsatz
Leitsatz
1. Art. 81 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
ist wie folgt auszulegen:
Der Begriff „Antrag“ im Sinne dieses Artikels erfasst nur den Antrag einer Person, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat und den Antrag bei den Behörden eines Mitgliedstaats gestellt hat, der nach den Kollisionsnormen dieser Verordnung nicht zuständig ist. Daher umfasst dieser Begriff weder den ursprünglichen Antrag, den eine Person, die noch nicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, gemäß den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gestellt hat, noch die wiederkehrende Zahlung – durch die Behörden dieses Mitgliedstaats – einer Leistung, die zum Zeitpunkt dieser Zahlung normalerweise von einem anderen Mitgliedstaat geschuldet wird.
2. Das Unionsrecht, insbesondere der Effektivitätsgrundsatz, steht der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach für die Rückwirkung eines Antrags auf Kindergeld eine zwölfmonatige Verjährungsfrist gilt, da diese Verjährungsfrist es den betreffenden Wandererwerbstätigen nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, die ihnen durch die Verordnung Nr. 883/2004 verliehenen Rechte auszuüben.