Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe einer Vermögensauskunft: Inhaltliche Anforderungen an ein das Ausbleiben zum Termin entschuldigendes ärztliches Attest; Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bei Weiterleitung der Akten zur Erlass eines Haftbefehls ohne erläuternden Hinweis des Gerichtsvollziehers
Leitsatz
1. Ein aussagekräftiges ärztliches Attest über eine ernsthafte Erkrankung, die die Transport- oder Vernehmungsunfähigkeit des Schuldners nachweist, kann sein Nichterscheinen zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft im Sinne von § 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO entschuldigen; die bloße Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne konkrete Diagnose reicht für eine Entschuldigung des Fernbleibens nicht aus.
2. Leitet der mit dem Vollstreckungsverfahren befasste Gerichtsvollzieher die Akten gemäß dem zuvor von der Gläubigerin gestellten Haftbefehlsantrag mit der Feststellung, der Schuldner sei zum Termin zur Vermögensauskunft unentschuldigt nicht erschienen, an das Vollstreckungsgericht weiter, ohne dieses darüber in Kenntnis zu setzen, dass er vor dem anberaumten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft von einem den Anforderungen an eine Entschuldigung des Fernbleibens nicht entsprechenden ärztlichen Attest Kenntnis erlangt und dem Schuldner dennoch auf dessen Nachfrage versichert hat, aus seiner Sicht bedürfe es für eine hinreichende Entschuldigung keiner weiteren Unterlagen, keiner Übersetzung, keiner eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit der Angaben und auch keiner weiteren Erläuterungen, liegt ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vor und ist der daraufhin ergangene Haftbefehl aufzuheben.
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2025:100425BIZB59.24.0
Fundstelle(n): NJW 2025 S. 10 Nr. 30 NJW-RR 2025 S. 952 Nr. 15 WM 2025 S. 1296 Nr. 28 CAAAJ-94377