Revision im Musterfeststellungsklageverfahren gegen einseitige Erhöhung von Kontoführungsentgelten durch eine Sparkasse: Verjährungsbeginn für bereicherungsrechtliche Rückforderung von Entgelterhöhungen in Ansehung eines stillschweigenden Saldoanerkenntnisses des Kunden und einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen; Zulässigkeit einer Musterfeststellungswiderklage des Musterbeklagten
Leitsatz
1. Der Bereicherungsanspruch des Kunden gegen die Sparkasse wegen eines ohne Rechtsgrund vom Girokonto des Kunden abgebuchten Entgelts entsteht erst mit dem Anerkenntnis des Saldoabschlusses durch den Kunden, in den der vermeintliche Entgeltanspruch der Sparkasse eingestellt worden ist. Sofern der Kunde den Saldoabschluss nicht ausdrücklich anerkennt und innerhalb von sechs Wochen keine Einwendungen gegen den Abschluss vorbringt, gilt dieser gemäß Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 AGB-Sparkassen nach Ablauf der sechswöchigen Frist als anerkannt.
2. Der Kunde erhält durch die Mitteilung der Sparkasse, die ihn gemäß § 675g Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 §§ 2, 3 EGBGB über eine beabsichtigte Änderung eines Entgelts informiert, die auf einer unwirksam formularmäßig vereinbarten Zustimmungsfiktion des Kunden beruht, und durch den anschließenden Ausweis des Entgelts in dem von der Sparkasse erstellten Saldoabschluss Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von den seinen Rückforderungsanspruch begründenden Umständen.
3. Die Rechtslage hinsichtlich der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit von Zustimmungsfiktionsklauseln im Rechtsverkehr der Banken und Sparkassen war vor Verkündung des Senatsurteils vom (XI ZR 26/20, BGHZ 229, 344) nicht unsicher und zweifelhaft. Dem Kunden war die Erhebung einer Rückforderungsklage bereits vor Verkündung dieses Urteils zumutbar. Einer langjährigen und verbreiteten Verwendung von unwirksamen Zustimmungsfiktionsklauseln im Bankgeschäft kommt kein für die Unzumutbarkeit einer Klageerhebung maßgebendes Gewicht zu.
4. Der Musterbeklagte kann in das Verfahren über eine Musterfeststellungsklage im Rahmen einer Widerklage eigene Feststellungsziele einbringen. Vom Musterbeklagten eingebrachte Feststellungsziele sind allerdings unzulässig, wenn sie sich nicht im Rahmen des Lebenssachverhalts halten, der durch die Feststellungsziele des Musterklägers vorgegeben ist.
Tatbestand
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2025:030625UXIZR45.24.0
Fundstelle(n): Nr. 32/2025 S. 1950 BB 2025 S. 1410 Nr. 25 BB 2025 S. 1602 Nr. 28 DStR-Aktuell 2025 S. 10 Nr. 24 NJW 2025 S. 2469 Nr. 34 NJW 2025 S. 2480 Nr. 34 NJW 2025 S. 9 Nr. 29 NWB-Eilnachricht Nr. 24/2025 S. 1640 NWB-Eilnachricht Nr. 24/2025 S. 1640 WM 2025 S. 1279 Nr. 28 ZIP 2025 S. 1660 Nr. 28 ZIP 2025 S. 1909 Nr. 32 ZIP 2025 S. 1910 Nr. 32 ZIP 2025 S. 4 Nr. 23 XAAAJ-94464