Online-Nachricht - Mittwoch, 02.07.2025

Arbeitsrecht | Keine Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Tätowierung (LAG)

Wer sich tätowieren lässt, erhält bei Komplikationen keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil v. - 5 Sa 284 a/24; Revision nicht zugelassen).

Hintergrund: Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, § 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG.

Sachverhalt: Die als Pflegehilfskraft beschäftigte Klägerin ließ sich am Unterarm tätowieren. In der Folge entzündete sich die tätowierte Stelle. Die Klägerin wurde daraufhin für mehrere Tage krankgeschrieben. Die beklagte Arbeitgeberin lehnte die Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum ab. Die Klägerin führte vor Gericht aus, dass sie ja nicht Entgeltfortzahlung für den Tätowierungsvorgang geltend mache, sondern für eine davon zu trennende zeitlich nachfolgende Entzündung der Haut. Ihr sei kein Verschulden vorzuwerfen. Es habe sich ein sehr geringes Risiko, das nur bei 1 - 5 % der Fälle von Tätowierungen auftrete, verwirklicht. Tätowierungen seien als Teil der privaten Lebensführung geschützt und mittlerweile weit verbreitet. Die Arbeitgeberin entgegnete, die Klägerin habe bei der Tätowierung in eine Körperverletzung eingewilligt. Das Risiko einer sich anschließenden Infektion gehöre deshalb nicht zum normalen Krankheitsrisiko und könne dem Arbeitgeber nicht aufgebürdet werden.

Das LAG Schleswig-Holstein hat die Klage – ebenso wie die Vorinstanz – abgewiesen:

  • Zwar war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Jedoch hat sie die Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG verschuldet.

  • Danach handelt ein Arbeitnehmer immer dann schuldhaft, wenn er in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt.

  • Die Klägerin musste bei Tätowierung damit rechnen, dass sich ihr Unterarm entzündet. Dieses Verhalten stellt einen groben Verstoß gegen ihr eigenes Gesundheitsinteresse dar.

  • Sie hat selbst vorgetragen, in bis zu 5 % der Fälle komme es nach Tätowierungen zu Komplikationen in Form von Entzündungsreaktionen der Haut. Dies ist keine völlig fernliegende Komplikation.

  • Bei Medikamenten wird eine Nebenwirkung als „häufig“ angegeben, wenn diese in mehr als 1 % aber weniger als 10 % der Fälle auftritt. Zudem ist die Komplikation in der Hautverletzung durch die Tätowierung selbst angelegt.

Hinweis:

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
KAAAJ-94519