Erstattung von Kapitalertragsteuer an japanische Mutterkapitalgesellschaften
Leitsatz
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Verdrängt die Niederlassungsfreiheit in Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —AEUV— (Amtsblatt der Europäischen Union —ABlEU— 2008, Nr. C 115, 47) für die Überprüfung von § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit (i.V.m.) Art. 10 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern vom (DBA-Japan 1966) die Kapitalverkehrsfreiheit in Art. 63 AEUV als Prüfungsmaßstab, da
- —einerseits— diese Regelungen zwar einen abgeltenden (definitiven) Einbehalt deutscher Kapitalertragsteuer in Höhe von 15 % auf die Dividenden der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) unabhängig von der Beteiligungshöhe einer japanischen Mutterkapitalgesellschaft anordnen,
- aber —andererseits— die von der Klägerin geltend gemachte Beschränkung durch den Kapitalertragsteuereinbehalt nur deshalb eintreten kann, weil die Klägerin zu mindestens 25 % an der ausschüttenden GmbH beteiligt ist und sie die vollständige Erstattung der deutschen Kapitalertragsteuer neben der Inanspruchnahme einer japanischen Steuerbefreiung in Höhe von 95 % der Dividenden beantragt,
- sodass die Klägerin für den Zusammenschluss mit der GmbH im Ergebnis eine binnenmarktähnliche Vollentlastung der Dividende wie im Anwendungsbereich des Art. 5 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1990 Nr. L 225, 6, Nr. L 266, 20, 1997, Nr. L 16, 98), geändert durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom (ABlEU 2006 Nr. L 363, 129; Mutter-Tochter-Richtlinie) begehrt?
2. Falls die Kapitalverkehrsfreiheit als Prüfungsmaßstab nicht verdrängt wird:
Stellt die abgeltende Erhebung der deutschen Kapitalertragsteuer auf die Dividenden gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG i.V.m. Art. 10 Abs. 2 DBA-Japan 1966 unter den Umständen des Streitfalls eine von der Bundesrepublik Deutschland verursachte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit der Klägerin dar, wenn
- —einerseits— die deutsche Kapitalertragsteuer, welche auf die Dividende erhoben wurde, bei gebietsansässigen Mutterkapitalgesellschaften auch ab dem bei der Veranlagung angerechnet und erstattet werden kann, und
- —andererseits— die Klägerin die deutsche Kapitalertragsteuer auf die Dividenden gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA-Japan 1966 zwar vor dem in vollem Umfang auf die japanische Körperschaftsteuer anrechnen konnte,
- dies ab dem aber allein deshalb misslingt, weil die Dividenden von der GmbH bei der Klägerin durch eine neu eingeführte japanische Steuerbefreiung zu 95 % steuerbefreit werden?
3. Falls eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit anzunehmen sein sollte:
b) Kann die definitive Erhebung der deutschen Kapitalertragsteuer dadurch gerechtfertigt werden, dass die Klägerin die Befreiung vom Kapitalertragsteuereinbehalt nicht neben der Steuerbefreiung der Dividende in Japan im Wege einer Doppelbegünstigung beanspruchen kann?
4. Falls durch die definitive Erhebung der deutschen Kapitalertragsteuer eine unzulässige und nicht gerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gegeben sein sollte:
Ist es mit Art. 63 AEUV vereinbar, wenn die Erstattung der Kapitalertragsteuer an die Klägerin von den Voraussetzungen abhängig gemacht wird, dass
- die Klägerin neben der Vorlage einer deutschen Steuerbescheinigung über den Einbehalt der Kapitalertragsteuer zusätzlich den Betrag der deutschen Kapitalertragsteuer in Euro beziffern muss, der in Japan im Bezugsjahr der streitigen Dividenden nicht auf die japanische Körperschaftsteuer angerechnet werden kann, sodass die Erstattung erst zu gewähren ist, wenn die Angaben der Klägerin dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nachgewiesen worden sind oder wenn diese Angaben dem BZSt im Wege des Informationsaustauschs mit der japanischen Steuerverwaltung bestätigt worden sind,
- während eine gebietsansässige Mutterkapitalgesellschaft für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer in der deutschen Körperschaftsteuerveranlagung nur eine Bescheinigung der deutschen Steuerbehörden über den Einbehalt und die Abführung der Kapitalertragsteuer vorlegen muss?
Fundstelle(n): BStBl 2025 II Seite 685 Nr. 34/2025 S. 2064 AG 2025 S. 748 Nr. 18 BFH/NV 2025 S. 1359 Nr. 10 DStR 2025 S. 1852 Nr. 33 DStR 2025 S. 1862 Nr. 33 DStR-Aktuell 2025 S. 6 Nr. 32 DStRE 2025 S. 1075 Nr. 17 FR 2025 S. 805 Nr. 17 FR 2025 S. 813 Nr. 17 StuB-Bilanzreport Nr. 17/2025 S. 676 StuB-Bilanzreport Nr. 17/2025 S. 677 WPg 2025 S. 1170 Nr. 20 ZIP 2025 S. 4 Nr. 37 wistra 2025 S. 5 Nr. 9 LAAAJ-97154