Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist: Mögliches Verschulden des Prozessbevollmächtigten; Vertrauendürfen auf eine beantragte zweite Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist; erwartete Urteilsberichtigungen oder Protokollberichtigungen als Fristverlängerungsgründe
Leitsatz
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den von der Partei vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Fristversäumnis von ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war.
2. Der Rechtsmittelführer ist generell mit dem Risiko belastet, dass das Rechtsmittelgericht in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist (teilweise) versagt. Ohne Verschulden im Sinne von § 233 ZPO handelt der Rechtsanwalt daher nur dann, wenn (und soweit) er auf die Fristverlängerung vertrauen durfte, das heißt, wenn deren Bewilligung mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Das setzt neben der Zulässigkeit die Vollständigkeit des Fristverlängerungsantrags voraus. Hierzu gehört - bei Fehlen der Einwilligung des Gegners - auch die Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO für die Notwendigkeit der Fristverlängerung.
3. Grundsätzlich können möglicherweise noch erfolgende Berichtigungen eines Urteils nach §§ 319, 320 ZPO oder Protokollberichtigungen keine erheblichen Gründe im Sinne von § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO für eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist darstellen.
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2025:010725BVIZB59.24.0
Fundstelle(n): NJW 2025 S. 3431 Nr. 47 NJW 2025 S. 3433 Nr. 47 NJW 2025 S. 9 Nr. 37 IAAAJ-98354