Leitsatz
1 Artikel 3 Absatz 1 der
Richtlinie 92/80 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren
als Zigaretten, der drei in die Wahl der Mitgliedstaaten gestellte Formen der
Besteuerung vorsieht, nämlich eine nach dem Wert, eine spezifische nach
der Menge und eine gemischte mit einem Ad-Valorem-Anteil und einem spezifischen
Anteil, ist dahin auszulegen, daß er der Erhebung einer Steuer auf
Zigarren oder Zigarillos entgegensteht, die nach dem Wert berechnet wird, dabei
aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf.
Denn ein solches Besteuerungsmodell
unterscheidet sich eindeutig von der gemischten Verbrauchsteuer, indem ein
Ad-Valorem-Anteil und ein spezifischer Anteil nicht gleichzeitig, sondern nach
Maßgabe einer Preisschwelle alternativ angewandt werden, und es stellt
somit ein Besteuerungsmodell dar, das nach dem genannten Artikel nicht
vorgesehen ist.
(vgl. Randnrn. 23, 26-27, 29, Tenor
1)
2 Einem Steuerpflichtigen, der einer
Steuer auf Zigarren oder Zigarillos unterliegt, die nach dem Wert berechnet
wird, ohne daß dabei ein Mindestbetrag unterschritten werden darf,
erwächst aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/80 zur Annäherung
der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten kein Recht, sich
darauf vor einem nationalen Gericht zu berufen, um zu erreichen, daß auf
ihn allein das Element des Besteuerungsmodells nicht angewandt wird, das die
Erhebung der spezifischen Mindeststeuer betrifft, und daß er daher nur
mit einer Ad-Valorem-Steuer veranlagt wird.
Denn, auch wenn sich ein
Steuerpflichtiger auf Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie, der den
Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum einräumt, indem er
ihnen die Wahl unter drei verschiedenen Besteuerungsmodellen läßt,
berufen kann, um zu erreichen, daß auf ihn ein Besteuerungsmodell, mit
dem der nationale Gesetzgeber den ihm überlassenen Gestaltungsspielraum
überschritten hat, nicht angewandt wird, so erwächst ihm aus dieser
Bestimmung doch kein Recht, sich darauf vor einem nationalen Gericht zu
berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein die Mindestabgabe nicht
angewandt wird. Zum einen liegt nicht die spezifische Mindeststeuer für
sich genommen, sondern das Besteuerungsmodell in seiner Gesamtheit
außerhalb des Gestaltungsspielraums, und zum anderen würde die
Annahme, der Steuerpflichtige könne sich auf Artikel 3 Absatz 1 der
Richtlinie berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein die spezifische
Mindeststeuer nicht angewandt wird, voraussetzen, daß sich aus dieser
Bestimmung für ihn das Recht ergibt, nach dem Ad-Valorem-Modell veranlagt
zu werden. Dieses entspricht aber nur einer der Optionen nach der Richtlinie,
und diese kann nicht dahin ausgelegt werden, daß sich der nationale
Richter an die Stelle des nationalen Gesetzgebers zu setzen hat, dem es allein
zukommt, in dem durch den genannten Artikel vorgegebenen Rahmen das seiner
Ansicht nach angemessene Besteuerungsmodell zu wählen.
Das nationale Gericht muß
jedoch bei der Anwendung vor oder nach einer Richtlinie erlassener nationaler
Rechtsvorschriften diese soweit wie möglich gemäß dem Wortlaut
und dem Zweck der Richtlinie auslegen.
(vgl. Randnrn. 31, 33, 36-39, 41,
Tenor 2)