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EuGH Urteil v. - C-365/98

Gesetze: Richtlinie 92/80 Art. 3 Abs. 1

Mindeststeuern auf Zigarren oder Zigarillos bei allgemeiner Besteuerung nach dem Wert

Leitsatz

1 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/80 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten, der drei in die Wahl der Mitgliedstaaten gestellte Formen der Besteuerung vorsieht, nämlich eine nach dem Wert, eine spezifische nach der Menge und eine gemischte mit einem Ad-Valorem-Anteil und einem spezifischen Anteil, ist dahin auszulegen, daß er der Erhebung einer Steuer auf Zigarren oder Zigarillos entgegensteht, die nach dem Wert berechnet wird, dabei aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf.

Denn ein solches Besteuerungsmodell unterscheidet sich eindeutig von der gemischten Verbrauchsteuer, indem ein Ad-Valorem-Anteil und ein spezifischer Anteil nicht gleichzeitig, sondern nach Maßgabe einer Preisschwelle alternativ angewandt werden, und es stellt somit ein Besteuerungsmodell dar, das nach dem genannten Artikel nicht vorgesehen ist.

(vgl. Randnrn. 23, 26-27, 29, Tenor 1)

2 Einem Steuerpflichtigen, der einer Steuer auf Zigarren oder Zigarillos unterliegt, die nach dem Wert berechnet wird, ohne daß dabei ein Mindestbetrag unterschritten werden darf, erwächst aus Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/80 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten kein Recht, sich darauf vor einem nationalen Gericht zu berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein das Element des Besteuerungsmodells nicht angewandt wird, das die Erhebung der spezifischen Mindeststeuer betrifft, und daß er daher nur mit einer Ad-Valorem-Steuer veranlagt wird.

Denn, auch wenn sich ein Steuerpflichtiger auf Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie, der den Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum einräumt, indem er ihnen die Wahl unter drei verschiedenen Besteuerungsmodellen läßt, berufen kann, um zu erreichen, daß auf ihn ein Besteuerungsmodell, mit dem der nationale Gesetzgeber den ihm überlassenen Gestaltungsspielraum überschritten hat, nicht angewandt wird, so erwächst ihm aus dieser Bestimmung doch kein Recht, sich darauf vor einem nationalen Gericht zu berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein die Mindestabgabe nicht angewandt wird. Zum einen liegt nicht die spezifische Mindeststeuer für sich genommen, sondern das Besteuerungsmodell in seiner Gesamtheit außerhalb des Gestaltungsspielraums, und zum anderen würde die Annahme, der Steuerpflichtige könne sich auf Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie berufen, um zu erreichen, daß auf ihn allein die spezifische Mindeststeuer nicht angewandt wird, voraussetzen, daß sich aus dieser Bestimmung für ihn das Recht ergibt, nach dem Ad-Valorem-Modell veranlagt zu werden. Dieses entspricht aber nur einer der Optionen nach der Richtlinie, und diese kann nicht dahin ausgelegt werden, daß sich der nationale Richter an die Stelle des nationalen Gesetzgebers zu setzen hat, dem es allein zukommt, in dem durch den genannten Artikel vorgegebenen Rahmen das seiner Ansicht nach angemessene Besteuerungsmodell zu wählen.

Das nationale Gericht muß jedoch bei der Anwendung vor oder nach einer Richtlinie erlassener nationaler Rechtsvorschriften diese soweit wie möglich gemäß dem Wortlaut und dem Zweck der Richtlinie auslegen.

(vgl. Randnrn. 31, 33, 36-39, 41, Tenor 2)

Fundstelle(n):
AAAAB-72756

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