Pflegekindschaftsverhältnis/Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen den leiblichen Eltern und einem fast Volljährigen
Leitsatz
Bei bestehendem Obhuts- und
Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern ist ein
Pflegekindschaftsverhältnis zu einem fast volljährigen Kind trotz
dessen Aufnahme in den eigenen Haushalt nicht anzunehmen. Ein Obhuts- und
Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern ist nicht mehr anzunehmen, wenn
zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern über einen längeren
Zeitraum kein für die Wahrung des Obhuts- und Pflegeverhältnisses
ausreichender Kontakt mehr bestanden hat. Welche Kontakte das Obhuts- und
Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern zu wahren geeignet sind,
bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Je jünger das Kind
ist, desto wichtiger ist die persönliche Anwesenheit der leiblichen
Eltern. Bei fast volljährigen Kindern reicht es dagegen aus, dass sie noch
in Verbindung mit den leiblichen Eltern stehen. Die räumliche Trennung
allein genügt nicht. Vielmehr muss das Band zwischen dem Kind und seinen leiblichen
Eltern auf längere Dauer (in der Regel zwei Jahre) zerrissen sein.
Unstimmigkeiten der Heranwachsenden mit ihren Eltern und der Auszug aus der
elterlichen Wohnung genügen nicht für die Annahme, das Obhuts- und
Pflegeverhältnis i. S. des
§ 32 Abs. 1 Nr. 2
EStG zu den Eltern bestehe nicht mehr. Ein ausreichender
Kontakt der leiblichen Eltern zu ihrem finanziell unabhängigen, fast
volljährigen Kind besteht schon dann, wenn bei gelegentlichen Treffen
kleinere Geldbeträge übergeben werden.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BFH/NV 2007 S. 17 Nr. 1 HFR 2007 S. 135 Nr. 2 HFR 2007 S. 68 Nr. 1 KÖSDI 2006 S. 15307 Nr. 11 NWB-Eilnachricht Nr. 47/2006 S. 3963 NWB-Eilnachricht Nr. 6/2007 S. 11 NAAAC-19150