Die durch
§ 19 Abs. 1
ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit
einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem
Grundgesetz unvereinbar, weil sie an
Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von
Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen,
Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen
Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus
Art. 3 Abs. 1 GG nicht
genügt.
Die Bewertung des anfallenden
Vermögens bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage
muss wegen der dem geltenden Erbschaftsteuerrecht zugrunde liegenden
Belastungsentscheidung des Gesetzgebers, den durch Erbfall oder Schenkung
anfallenden Vermögenszuwachs zu besteuern, einheitlich am gemeinen Wert
als dem maßgeblichen Bewertungsziel ausgerichtet sein. Die
Bewertungsmethoden müssen gewährleisten, dass alle
Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen
Wert erfasst werden.
Bei den weiteren, sich an die
Bewertung anschließenden Schritten zur Bestimmung der Steuerbelastung
darf der Gesetzgeber auf den so ermittelten Wert der Bereicherung aufbauen und
Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normenklarer steuerlicher
Verschonungsregelungen, ausgestalten.
Das BVerfG führt umfangreich
aus, warum die Bewertungsvorschriften für die einzelnen
Vermögensarten (Betriebsvermögen, Grundvermögen –
unbebaute, bebaute, im Zustand der Bebauung befindliche Grundstücke,
Erbbaurecht - , Anteile an Kapitalgesellschaften, land- und
forstwirtschaftliches Vermögen) gleichheitswidrig ausgestaltet
sind.
In der Wahl der
Wertermittlungsmethode, derer sich der Gesetzgeber zur Bestimmung des gemeinen
Werts von Vermögensgegenständen bedient, ist er grundsätzlich
frei. Er kann die Wertermittlungsregelungen unter Berücksichtigung der
Erfordernisse eines praktikablen Steuererhebungsverfahrens sowie der
gesetzessystematisch notwendigen Typisierungen und Pauschalierungen
ausgestalten. Die Methodik der Bewertung im Erbschaftsteuerrecht wird
allerdings dann den Anforderungen des
Art. 3 Abs. 1 GG nicht
mehr gerecht, wenn sie dazu führt, dass nicht alle
Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen
Wert erfasst werden.
Zur Verfolgung
außerfiskalischer Förderungs- und Lenkungsziele im
Erbschaftsteuerrecht ist die Bewertungsebene aus verfassungsrechtlichen
Gründen bereits vom Ansatz her ungeeignet. Ein regulierendes Eingreifen
des Gesetzgebers mittels Differenzierungen beim Bewertungsmaßstab
für bestimmte Vermögensgegenstände scheidet als
gleichheitswidrig aus. Denn es ist nicht mit dem Erfordernis der
gleichheitsgerechten Ausgestaltung des Lenkungszwecks vereinbar. Der Versuch
einer Lenkung auf der Bewertungsebene führt zu uneinheitlich vom gemeinen
Wert abweichenden Bewertungsergebnissen und damit dazu, dass schon beim ersten
Schritt der Ermittlung der Steuerbelastung darauf verzichtet wird, die
Begünstigungswirkung den Begünstigungsadressaten möglichst
gleichmäßig zugute kommen zu lassen. Dadurch werden zufällig
und willkürlich eintretende Entlastungen bereits strukturell
angelegt.
Aufbauend auf Werten, die nach
diesen Vorgaben seiner Belastungsentscheidung entsprechend ermittelt worden
sind, ist es dem Gesetzgeber auch im Erbschaftsteuerrecht unbenommen, in einem
zweiten Schritt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage steuerliche
Lenkungsziele zu verwirklichen. Mittels Belastungs- und Verschonungsregelungen,
die den Anforderungen an Lenkungsnormen genügen, kann er bei Vorliegen
ausreichender Rechtfertigungsgründe die Bemessungsgrundlage zielgenau
modifizieren. Derartige Bestimmungen finden sich im geltenden
Erbschaftsteuerrecht etwa in
§ 13 a ErbStG.
Wird der Lenkungszweck im Einzelfall verfehlt, kann dem über
Nachversteuerungsvorbehalte wie beispielsweise in
§ 13 a Abs. 5
ErbStG Rechnung getragen und die durch die steuerliche
Lenkung nicht mehr gerechtfertigte Ungleichbehandlung rückgängig
gemacht werden. Die Ausgestaltung solcher Korrektive würde hingegen bei
einer steuerlichen Lenkung schon auf der Bewertungsebene zu nur schwer
handhabbaren Problemen führen.
Der Gesetzgeber kann im Rahmen
des verfassungsrechtlich Zulässigen auch Differenzierungen beim Steuersatz
vorsehen. Von dieser Möglichkeit hat er im geltenden Erbschaftsteuerrecht
nicht nur bei der Staffelung des
§ 19 Abs. 1
ErbStG Gebrauch gemacht, sondern er hat sich mit der
Tarifbegrenzung des
§ 19 a ErbStG des
Steuersatzes auch als Mittel steuerlicher Lenkung bedient. Bei Vorliegen
ausreichender Rechtfertigungsgründe bestehen hiergegen keine
verfassungsrechtlichen Bedenken.
(Leitsätze 3 bis 7 nicht
amtlich)
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n): BStBl 2007 II Seite 192 BFH/NV-Beilage 2007 S. 237 Nr. 2 BStBl II 2007 S. 192 Nr. 5 DB 2007 S. 320 Nr. 6 DStRE 2007 S. 256 Nr. 4 DStZ 2007 S. 117 Nr. 5 EStB 2007 S. 173 Nr. 5 FR 2007 S. 338 Nr. 7 GmbH-StB 2007 S. 67 Nr. 3 GmbHR 2007 S. 320 Nr. 6 HFR 2007 S. 278 Nr. 3 HFR 2007 S. 386 Nr. 4 INF 2007 S. 128 Nr. 4 KÖSDI 2007 S. 15458 Nr. 3 KÖSDI 2007 S. 15460 Nr. 3 KÖSDI 2007 S. 15535 Nr. 5 KÖSDI 2007 S. 15547 Nr. 5 NJW 2007 S. 573 Nr. 9 NWB-EN Nr. 158/2007 (Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig) NWB-Eilnachricht Nr. 14/2007 S. 1111 StBW 2007 S. 5 Nr. 4 StuB-Bilanzreport Nr. 3/2006 S. 120 StuB-Bilanzreport Nr. 3/2007 S. 119 StuB-Bilanzreport Nr. 7/2008 S. 276 WM 2007 S. 316 Nr. 7 WPg 2007 S. 354 Nr. 8 GAAAC-36599