Mehrwertsteuer-Erstattung für gebietsfremde Erwerber oder
Dienstleistungsempfänger bei irrtümlich in Rechnung gestellter und an
den Fiskus gezahlter Mehrwertsteuer
Leitsatz
1) Die Art. 2 und 5 der Achten
Richtlinie 79/1072 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der
Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige sind dahin
auszulegen, dass nicht geschuldete Mehrwertsteuer, die dem
Dienstleistungsempfänger irrtümlich in Rechnung gestellt und an den
Fiskus des Mitgliedstaats des Orts dieser Dienstleistungen gezahlt worden ist,
nicht nach diesen Bestimmungen erstattungsfähig ist. Die Achte Richtlinie,
die nicht bezweckt, das durch die Sechste Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
geschaffene System in Frage zu stellen, soll die Durchführungsbestimmungen
für die Erstattung der Mehrwertsteuer festlegen, die in einem
Mitgliedstaat von Steuerpflichtigen entrichtet worden ist, die in einem anderen
Mitgliedstaat ansässig sind. Ihr Zweck ist es also, die Regeln für
den Erstattungsanspruch, der sich aus Art. 17 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie
ergibt, zu harmonisieren. Die Art. 2 und 5 der Achten Richtlinie verweisen
nämlich ausdrücklich auf Art. 17 der Sechsten Richtlinie. Da das
Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 nicht auf die zu Unrecht in
Rechnung gestellte und an die Steuerbehörde gezahlte Mehrwertsteuer
erstreckt werden kann, ist somit festzustellen, dass diese Mehrwertsteuer nicht
nach den Bestimmungen der Achten Richtlinie erstattungsfähig ist.
2) Abgesehen von den in Art. 21 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388
zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern in ihrer durch die Richtlinie 92/111 geänderten Fassung
ausdrücklich vorgesehenen Fällen ist nur der Dienstleistungserbringer
gegenüber den Steuerbehörden des Mitgliedstaats des Orts der
Dienstleistungen als Schuldner der Mehrwertsteuer anzusehen.
3) Die Grundsätze der Neutralität, der Effektivität
und der Nichtdiskriminierung stehen nationalen Rechtsvorschriften, nach denen
nur der Dienstleistungserbringer einen Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht
als Mehrwertsteuer gezahlten Beträgen gegen die Steuerbehörden hat
und der Dienstleistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage auf
Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen diesen
Dienstleistungserbringer erheben kann, nicht entgegen. Für den Fall, dass
die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig
erschwert wird, müssen die Mitgliedstaaten jedoch, damit der Grundsatz der
Effektivität gewahrt wird, die erforderlichen Mittel vorsehen, die es dem
Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung
gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Die nationalen Rechtsvorschriften im
Bereich der direkten Steuern sind für diese Antwort ohne Bedeutung, da das
System der direkten Steuern in seiner Gesamtheit keinen Bezug zum
Mehrwertsteuersystem hat.