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BVerfG Beschluss v. - 1 BvL 2/04

Gesetze: EStG § 13EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2GG Art. 3 Abs. 1GG Art. 106 Abs. 6

Gewerbesteuerfreiheit von Selbständigen und Landwirten und Abfärberegelung verfassungsgemäß

Leitsatz

1. Es ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, dass die Einkünfte der freien Berufe, anderen Selbständigen und der Land- und Forstwirte nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

2. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (sogenannte Abfärberegelung) die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten und damit der Gewerbesteuer unterliegen, wenn die Gesellschaft auch nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.

3. Die Gewerbesteuer ist in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer auch neben der die Einkünfteerzielung erfassenden Einkommensteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

4. Zwar weisen die freien Berufe, die sonstigen Selbständigen und die Land- und Forstwirte zunächst alle Merkmale auf, welche auch die der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbetreibenden kennzeichnen (Gewinnerzielungsabsicht, Nachhaltigkeit, Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr). Besonderheiten in der Ausbildung, der staatlichen und berufsautonomen Regelung ihrer Berufsausübung, ihrer Stellung im Sozialgefüge, der Art und Weise der Erbringung ihrer Dienstleistungen und auch des Einsatzes der Produktionsmittel Arbeit und Kapital prägen die Erwerbsquelle bei den freien Berufen, sonstigen Selbständigen und entsprechend bei den Land- und Forstwirten ihre Abhängigkeit von Klimabedingungen und die besondere Bedeutung des Produktionsfaktors Boden, während die Gewerbesteuer von den persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers weitgehend unabhängige, in erster Linie auf sächliche Produktionsmittel und Kapital gegründete Finanzquellen erfasst.

5. Die sachliche Berechtigung der Unterscheidung zwischen freien Berufen und Gewerbetreibenden ist durch die verschiedenen Änderungen der letzten Jahre im Recht der Gewerbesteuer nicht entfallen.

6. Die Erleichterung der Einkünfteermittlung und der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG rechtfertigen die Ungleichbehandlung der gemischt tätigen Personengesellschaften gegenüber den Einzelunternehmern, soweit sie ihre Einkünfte aus nicht gewerblicher Tätigkeit betrifft.

7. Die Möglichkeit der Abfärbewirkung durch eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Gestaltung auszuweichen, fängt die nicht unbeträchtliche Schlechterstellung der Personengesellschaften entscheidend auf.

8. Erweist sich § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bereits für den im Ausgangsverfahren maßgeblichen Veranlagungszeitraum des Jahres 1988 als verfassungsgemäß, gilt dies erst recht für die Zeiträume nach Einführung der Tarifbegrenzung des § 32c EStG und danach der Anrechungsregelung in § 35 EStG.

(Leitsätze 3 bis 8 nicht amtlich)

Tatbestand

Fundstelle(n):
BB 2008 S. 1253 Nr. 24
BB 2008 S. 583 Nr. 12
BFH/NV-Beilage 2008 S. 247 Nr. 3
BFH/PR 2008 S. 352 Nr. 8
DB 2008 S. 1243 Nr. 23
DStRE 2008 S. 1003 Nr. 16
DStZ 2008 S. 422 Nr. 13
EStB 2008 S. 232 Nr. 7
FR 2008 S. 818 Nr. 17
GStB 2008 S. 267 Nr. 8
HFR 2008 S. 755 Nr. 7
HFR 2008 S. 859 Nr. 8
KÖSDI 2008 S. 16043 Nr. 6
NJW 2008 S. 3121 Nr. 43
NWB-Eilnachricht Nr. 23/2008 S. 2106
SJ 2008 S. 21 Nr. 12
StBW 2008 S. 2 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2008 S. 443
WM 2008 S. 1175 Nr. 25
ZIP 2008 S. 1164 Nr. 25
CAAAC-80313

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