Gesetze: GG Art. 101 Abs. 1 Satz
2AO § 355 Abs.
1EG Art. 10EG Art.
234 Abs. 3EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B
Buchst. fUStG 1993 § 4 Nr. 9 Buchst.
b
Missachtung der Vorlagepflicht an den EuGH verletzt Recht auf
gesetzlichen Richter; Bestandsdurchbrechung gemeinschaftsrechtswidriger
Verwaltungsakte
Leitsatz
1. Es verletzt das Recht auf den gesetzlichen Richter, wenn ein
nationales Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des EuGH zur Vorabentscheidung
nach Art. 234 EG nicht nachkommt. Das BVerfG beanstandet die Auslegung und
Anwendung von Zuständigkeitsnormen jedoch nur, wenn sie bei
verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken
nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar
sind.
2. Die Frage, ob die Änderung bestandskräftiger
Umsatzsteuerfestsetzungen für Betreiber von Geldspielautomaten durch
Gemeinschaftsrecht geboten ist, erforderte keine Anrufung des EuGH, obwohl der
EuGH die Fragen zur Durchbrechung der Bestandskraft gemeinschaftsrechtswidriger
belastender Verwaltungsakte der Mitgliedstaaten noch nicht erschöpfend
beantwortet hat.
3. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Ciola (vgl. EuGH,
, C-224/97, EuGHE I 1999, 2517) enthält keine
verallgemeinerungsfähigen Aussagen über die Unanwendbarkeit
gemeinschaftsrechtswidriger Verwaltungsakte, sondern beruht maßgeblich
auf der Besonderheit des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union
und demgemäß ist es vertretbar, einen generellen
gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Wiederaufgreifen des
Verwaltungsverfahrens nach Feststellung eines Verstoßes gegen
Gemeinschaftsrecht abzulehnen.
(Leitsätze nicht
amtlich)
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BFH/NV 2009 S. 110 Nr. 1 HFR 2009 S. 179 Nr. 2 KÖSDI 2009 S. 16315 Nr. 1 UR 2008 S. 884 Nr. 23 JAAAC-95119