1. Der Rücknahme einer rechtskräftig gerichtlich bestätigten Ausweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG steht die Rechtskraftbindung des § 121 VwGO entgegen.
2. Weder die Klärung einer gemeinschaftsrechtlichen Frage durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) und eine hierauf beruhende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch die zwischenzeitliche Konkretisierung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Bundesverfassungsgerichts stellen nach § 51 Abs. 1 LVwVfG einen zwingenden Grund für das Wiederaufgreifen eines Ausweisungsverfahrens dar.
3. Liegt kein zwingender Wiederaufnahmegrund vor, kann die Behörde das Verfahren nach § 51 Abs. 5 LVwVfG i.V.m. §§ 48, 49 LVwVfG im Ermessenswege wiederaufgreifen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). In diesem Fall verdichtet sich das (Wiederaufgreifens-)Ermessen zu einem Anspruch des Betroffenen, wenn die Aufrechterhaltung der Ausweisung, etwa wegen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit des sie bestätigenden gerichtlichen Urteils, schlechthin unerträglich wäre oder wenn die Überprüfung der Ausweisungsverfügung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gemeinschaftsrechtlich geboten ist.