Rückgängigmachung des Verzichts auf Steuerbefreiung;
Wirkung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung
Leitsatz
Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht nur für diejenigen Steuern,
die geschuldet werden, d.h. mit einem der Mehrwertsteuer unterworfenen Umsatz
in Zusammenhang stehen; das Recht auf Vorsteuerabzug erstreckt sich nicht auf
eine Steuer, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in der
Rechnung ausgewiesen ist. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist somit nicht jeder, sondern nur der geschuldete
Steuerbetrag als Vorsteuer abziehbar.
Der Verzicht auf die Steuerbefreiung kann wieder rückgängig
gemacht und die Leistung damit im Ergebnis als steuerfrei behandelt werden. Mit
der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung wird der
in der ursprünglichen Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag -
rückwirkend - nicht mehr geschuldet; die Rückgängigmachung wirkt
auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück.
Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die Steuerbefreiung
rückgängig, so verliert der Leistungsempfänger den
Vorsteuerabzug rückwirkend im Jahr des Leistungsbezugs und nicht erst im
Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung
(im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung). § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17
Abs. 1 UstG finden insoweit keine Anwendung. Die Rückgängigmachung
des Verzichts durch den leistenden Unternehmer hat Tatbestandswirkung für
den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers und ist deshalb ein
rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AO.
Der Übergang zur Behandlung des Umsatzes als (wieder) steuerfrei
ist nicht von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig; die
zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung ist umsatzsteuerrechtlich
grundsätzlich nicht zu prüfen. Dies gilt auch dann, wenn der
leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger gegenüber verpflichtet
war, den (an sich steuerfreien) Umsatz gemäß § 25c Abs. 3 UStG
als steuerpflichtig zu behandeln.
Dem Grundsatz der Neutralität und Effektivität der
Mehrwertsteuer ist in der Regel genügt, wenn der Leistende die Erstattung
der irrtümlich an die Steuerbehörden bezahlten Mehrwertsteuer
verlangen und der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage gegen den
Leistenden auf Rückzahlung der rechtsgrundlos bezahlten Beträge
erheben kann.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BFH/NV 2010 S. 1497 Nr. 8 GStB 2010 S. 339 Nr. 10 HFR 2010 S. 749 Nr. 7 UR 2010 S. 690 Nr. 18 UVR 2010 S. 229 Nr. 8 YAAAD-44651