Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Arbeit;
GmbH-Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist und mindestens
50 v.H. des Stammkapitals innehat ist Selbständiger; Änderung eines
angefochtenen Bescheids während des Revisionsverfahrens
Leitsatz
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit
selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer
Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse zu beurteilen. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu
gewichten und gegeneinander abzuwägen, wobei diese Aufgabe in erster Linie
den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt und vom Revisionsgericht nur
begrenzt überprüfbar ist. Für eine
nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche
Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge,
Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen,
Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im
Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb
sprechen. Für persönliche Selbständigkeit
sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der
Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an
den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie
Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung. Die Frage
der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-,
die Gewerbe und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben
Grundsätzen zu beurteilen (vgl.
§ 1 Abs. 3 LStDV). Bei
Vertretern juristischer Person ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung
und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis. Bestellung und
Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich
körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und
satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden.
Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan
regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger
Vertrag. Ob das Anstellungsverhältnis ein
Arbeitsverhältnis ist, hängt nicht vom Umfang der
Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers im Innenverhältnis
ab, sondern richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung
selbständiger von nichtselbständiger
Tätigkeit. GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig
Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft
sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben. Auch wenn diese
Einordnung auf sozialrechtlichen Überlegungen beruht, die für die
steuerrechtliche Einstufung einer Tätigkeit als selbständig oder
nichtselbständig keine Bindungswirkung besitzen, kann die
Beteiligungsquote im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zumindest als Indiz
herangezogen werden.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BFH/NV 2011 S. 585 Nr. 4 DStR 2011 S. 911 Nr. 19 DStRE 2011 S. 655 Nr. 10 EStB 2011 S. 109 Nr. 3 GmbH-StB 2011 S. 131 Nr. 5 GmbHR 2011 S. 313 Nr. 6 KÖSDI 2011 S. 17377 Nr. 4 NWB-Eilnachricht Nr. 19/2012 S. 1568 StBW 2011 S. 244 Nr. 6 CAAAD-61009