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BFH Urteil v. - VIII R 34/08

Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, FGO § 127, FGO § 68 Satz 1

Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Arbeit; GmbH-Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehat ist Selbständiger; Änderung eines angefochtenen Bescheids während des Revisionsverfahrens

Leitsatz

Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, wobei diese Aufgabe in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt und vom Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar ist.
Für eine nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen.
Für persönliche Selbständigkeit sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung.
Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 LStDV).
Bei Vertretern juristischer Person ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis. Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag.
Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, hängt nicht vom Umfang der Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers im Innenverhältnis ab, sondern richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit.
GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben. Auch wenn diese Einordnung auf sozialrechtlichen Überlegungen beruht, die für die steuerrechtliche Einstufung einer Tätigkeit als selbständig oder nichtselbständig keine Bindungswirkung besitzen, kann die Beteiligungsquote im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zumindest als Indiz herangezogen werden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 585 Nr. 4
DStR 2011 S. 911 Nr. 19
DStRE 2011 S. 655 Nr. 10
EStB 2011 S. 109 Nr. 3
GmbH-StB 2011 S. 131 Nr. 5
GmbHR 2011 S. 313 Nr. 6
KÖSDI 2011 S. 17377 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2012 S. 1568
StBW 2011 S. 244 Nr. 6
CAAAD-61009

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