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BVerwG Urteil v. - 10 C 26/10

Gesetze: § 2 Abs 1 AsylVfG 1992, § 3 Abs 2 S 1 Nr 2 AsylVfG 1992, § 3 Abs 2 S 1 Nr 3 AsylVfG 1992, § 30 Abs 4 AsylVfG 1992, § 73 Abs 1 AsylVfG 1992, § 77 AsylVfG 1992, § 60 Abs 8 S 2 AufenthG 2004, § 51 Abs 3 S 2 AuslG 1990, Art 3 MRK, Art 16a Abs 1 GG, Art 23 Abs 1 GG, Art 1F Buchst b FlüAbk, Art 1F Buchst c FlüAbk, Art 3 EGRL 83/2004, Art 12 Abs 2 Buchst b EGRL 83/2004, Art 12 Abs 2 Buchst c EGRL 83/2004, Art 12 Abs 3 EGRL 83/2004, Art 14 Abs 3 EGRL 83/2004, Art 288 Abs 3 AEUV

Widerruf der Flüchtlings- und Asylanerkennung; Ausschlussgründe; Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen; Terrorismus; Unterstützung; Anwendungsvorrang des Unionsrechts

Leitsatz

1. § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (juris: AsylVfG 1992) ist mit Blick auf die zwingend gebotene Beachtung der flüchtlingsrechtlichen Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 2, Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass bei Vorliegen solcher Ausschlussgründe der Widerruf einer vor Inkrafttreten der Ausschlussregelungen ausgesprochenen Flüchtlings- und Asylanerkennung zulässig und geboten ist.

2. Der Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AsylVfG setzt nicht voraus, dass von dem Ausländer eine gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Allgemeinheit ausgeht. Er setzt, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ausschlussgründe erfüllt sind, auch keine auf den Einzelfall bezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung voraus (im Anschluss an und C-101/09 - NVwZ 2011, 285).

3. Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG können jedenfalls bei Aktivitäten des internationalen Terrorismus auch von Personen begangen werden, die keine Machtposition in einem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen oder einer staatsähnlichen Organisation innehaben (im Anschluss an und C-101/09 - NVwZ 2011, 285).

4. Allein die Zugehörigkeit einer Person zu einer Organisation, die ihre Ziele (auch) mit terroristischen Mitteln zu erreichen sucht, rechtfertigt nicht automatisch die Annahme eines Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 AsylVfG. Es bedarf vielmehr in jedem Einzelfall einer Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, um zu ermitteln, ob die von der Organisation begangenen Handlungen schwere nichtpolitische Straftaten oder Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen im Sinne dieser Ausschlussgründe sind und der betreffenden Person eine individuelle Verantwortung für die Handlungen zugerechnet werden kann (im Anschluss an und C-101/09 - NVwZ 2011, 285).

5. Wegen der Verwechselbarkeit der Rechtsstellung eines Asylberechtigten nach Art. 16a GG und eines Flüchtlings im Sinne der Richtlinie 2004/83/EG verbieten es die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 3 der Richtlinie, eine nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossene Person als Asylberechtigten anzuerkennen oder diese Anerkennung aufrechtzuerhalten (wie BVerwG 10 C 2.10).

Tatbestand

Fundstelle(n):
RAAAD-91490

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