Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Verbrennungsanlage für Ersatzbrennstoffe/Sekundärbrennstoffe im Industriepark Frankfurt/Höchst; Klage eines anerkannten Naturschutzvereins; Umweltverbandsklage
Leitsatz
1. Die Beschränkung der Rügebefugnis anerkannter Umweltschutzvereinigungen auf "drittschützende" Umweltvorschriften in § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verstößt gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG. Bis zur erforderlichen Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes können anerkannte Umweltschutzvereinigungen Verstöße gegen Umweltvorschriften, die aus Unionsrecht hervorgegangen sind, unmittelbar auf der Grundlage des Art. 10a Richtlinie 85/337/EWG rügen (im Anschluss an - Rn. 56 bis 59, DVBl 2011, 757).
2. Die Unionsrechtskonformität der Präklusionsregelung in § 2 Abs. 3 UmwRG begegnet keinen eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erfordernden vernünftigen Zweifeln (Bestätigung der stRspr des Bundesverwaltungsgerichts).
3. Die (erhöhten) Anforderungen an die Substantiierung von Einwendungen durch Naturschutzverbände (vgl. BVerwG 9 B 10.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 12) gelten entsprechend für Umweltschutzverbände nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Sie sind auch mit Blick auf die kurz bemessene Einwendungsfrist nicht überspannt.
4. Ob nach dem Ergebnis der Vorprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Stickstoffeinträge ernstlich zu besorgen sind und deshalb eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist (vgl. BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 29 Rn. 11), beantwortet sich nicht nach den Luftkonzentrationswerten der TA Luft oder der 22. BImSchV; vielmehr ist hierfür das Konzept der Critical Loads heranzuziehen (im Anschluss an BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 30 und vom - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 45).