Gesetze: Art 33 Abs 5 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 74 Abs 1 Nr 27 GG vom , § 32 S 2 BBesG vom , § 33 Abs 1 BBesG vom , Anl 4 Nr 3 BBesG vom , Anh 27 Nr 3 BBVAnpG 2003/2004, Art 3 Nr 2 BBVAnpG 2003/2004, § 2a Abs 1 BesG HE 1976, § 4 Abs 1 BesVersAnpG HE 2007/2008 vom , § 4 Abs 1 BesVersAnpG HE 2007/2008 vom , Anl 1 Nr 3 BesVersAnpG HE 2007/2008 vom , Anl 1 Nr 3 BesVersAnpG HE 2007/2008 vom , § 1 Abs 2 BesVersAnpG HE 2009/2010 vom , § 2 Abs 2 BesVersAnpG HE 2009/2010 vom , Anl 1 Nr 3 BesVersAnpG HE 2009/2010 vom , Anl 8 Nr 3 BesVersAnpG HE 2009/2010 vom , HSchulLeistBV HE, ProfBesReformG
Verfassungswidrigkeit der Besoldung von Professoren (Besoldungsgruppe W 2) in Hessen - Einführung einer Leistungskomponente für Professorenbesoldung nur bei wissenschaftsadäquater Ausgestaltung (Zugänglichkeit und hinreichende Verstetigung) - partielle Unvereinbarkeit mit Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation (Art 33 Abs 5 GG) - Frist zur Neuregelung bis spätestens - allgemeine rückwirkende Neuregelung jedoch nicht geboten - abweichende Meinung: Unzureichende Berücksichtigung der tradierten Besonderheiten der Hochschullehrerbesoldung
Leitsatz
1. Der Dienstherr ist aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichtet, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt
zu leisten. Dazu gehört die Pflicht, die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abzustufen. Vergleiche
sind nicht nur innerhalb einer Besoldungsordnung, sondern auch zwischen den verschiedenen Besoldungsordnungen möglich und
geboten. Dabei entspricht dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter
Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht.
2. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers deckt grundsätzlich auch strukturelle Neuregelungen der Besoldung in Form von
Systemwechseln ab, welche die Bewertung eines Amtes und die damit einhergehende besoldungsrechtliche Einstufung betreffen.
Allerdings muss der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die besoldungsrechtliche Neubewertung eines Amtes immer noch den
(unveränderten) Anforderungen des Amtes gerecht wird. Führt die gesetzgeberische Neubewertung zu einer deutlichen Verringerung
der Besoldung, bedarf es hierfür sachlicher Gründe.
3. In der Entwicklungsfähigkeit des Alimentationsprinzips ist es auch angelegt, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach
Dienstaltersstufen gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern
und variablen Leistungsbezügen zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht,
dann muss er - neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen - auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben
Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch kompensatorische Wirkung für ein
durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und
hinreichend verstetigt sein.
4. Da das grundrechtsgleiche Recht auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation keine quantifizierbaren Vorgaben im Sinne
einer exakten Besoldungshöhe liefert, bedarf es prozeduraler Sicherungen, damit die verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive
des Art. 33 Abs. 5 GG tatsächlich eingehalten wird. Prozedurale Anforderungen in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und
Beobachtungspflichten gelten sowohl bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe in Gestalt von regelmäßigen
Besoldungsanpassungen als auch bei strukturellen Neuausrichtungen in Gestalt von Systemwechseln.