Haftung wegen unberechtigten Vorsteuerabzugs auch bei fehlendem
Steuerschaden; Haftungsinanspruchnahme nach
§ 71 AO
Leitsatz
1. Der Haftungsanspruch nach
§ 71 AO entsteht,
wenn die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift erfüllt sind. Der für die
Haftung nach
§ 71 AO maßgebliche
Schaden bemisst sich allein nach dem Umfang der tatsächlichen Erfüllung der
Steuerschuld, zu deren rechtzeitiger Begleichung der zur Haftung Herangezogene
verpflichtet war. Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht Voraussetzung für
die Haftungsinanspruchnahme nach
§ 71
AO. 2. Eine Haftungsinanspruchnahme ist
auch möglich, wenn feststeht, dass bei einer Gesamtschau von Scheingeschäften
an den Fiskus ein höherer Betrag an Umsatzsteuer abgeführt als an Vorsteuer in
Anspruch genommen worden ist. 3. Der von der Haftung umfasste
Steuerschaden durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus
Lieferanten-Rechnungen wird nicht kompensiert durch die Entrichtung der in den
Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer durch den Lieferanten. 4.
Der im Schadensersatzrecht anerkannte Grundsatz des Vorteilsausgleichs kann auf
die steuerliche Haftung ebenso wenig uneingeschränkt übertragen werden, wie die
Berücksichtigung des Mitverschuldens nach
§ 254 BGB, eines
hypothetischen Kausalverlaufs oder die Lehre vom Schutzzweck der verletzten
Norm. 5. Die dem Neutralitätsprinzip der Umsatzsteuer
geschuldete Korrekturmöglichkeit bieten die Sätze 3 ff. des
§ 14c Abs. 2 UStG,
indem sie ein gesondertes Verfahren zur Berichtigung der geschuldeten
Umsatzsteuer vorsehen, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens - etwa durch
Rückzahlung der geltend gemachten Vorsteuer - beseitigt worden
ist.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BFH/NV 2013 S. 337 Nr. 3 NWB-Eilnachricht Nr. 6/2013 S. 342 PStR 2013 S. 320 Nr. 12 PStR 2013 S. 57 Nr. 3 wistra 2013 S. 2 Nr. 3 wistra 2013 S. 203 Nr. 5 AAAAE-27607