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BFH Urteil v. - X K 3/12 BStBl 2013 II S. 547

Gesetze: GVG § 198GVG 200 Satz 1GVG 201 Abs. 4ÜberlVfRSchG Art. 23 Satz 2EMRK Art. 6EMRK Art. 13

Entschädigungsklage: Unangemessene Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens; Beschränkung des Rechtsfolgenausspruchs auf die Feststellung der Verzögerung

Leitsatz

1. Wird ein FG in einem einfach gelagerten Klageverfahren zwischen dem Eingang des letzten Schriftsatzes eines der Beteiligten und der Anberaumung der mündlichen Verhandlung fünfeinhalb Jahre lang —abgesehen von einer Aktenanforderung und einer kurzen Anfrage an den Kläger— nicht tätig, ist die Verfahrensdauer als unangemessen anzusehen.

2. War die finanzgerichtliche Klage unschlüssig, d.h. bereits nach dem eigenen Tatsachenvortrag des Klägers erkennbar unbegründet, hatte das verzögerte Verfahren für den Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung. In einem solchen Fall genügt für die erforderliche Wiedergutmachung die Feststellung der Verfahrensverzögerung durch das Entschädigungsgericht; der Zuerkennung einer Geldentschädigung für immaterielle Nachteile bedarf es nicht.

3. Das Entschädigungsgericht kann eine Verfahrensverzögerung auch dann feststellen, wenn eine Verzögerungsrüge gar nicht oder —in den Übergangsfällen des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG— nicht unverzüglich erhoben worden ist.

4. Hat der Kläger die Zuerkennung einer Geldentschädigung beantragt, beschränkt sich das Entschädigungsgericht aber auf die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer, ist dem Beklagten gleichwohl der weitaus überwiegende Teil (75 %) der Kosten des Entschädigungsklageverfahrens aufzuerlegen, wenn tatsächlich eine erhebliche Verfahrensverzögerung gegeben ist, deren Größenordnung weitgehend mit derjenigen Zeitspanne deckungsgleich ist, die der Kläger seiner monetären Entschädigungsforderung zugrunde gelegt hat, und der Kläger die Höhe seiner Entschädigungsforderung auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beschränkt hat.

5. Eine Entschädigungsklage wegen der Dauer eines Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg ist gegen das Bundesland zu richten, gegen dessen Verwaltungshandeln sich der spätere Entschädigungskläger in dem von ihm eingeleiteten finanzgerichtlichen Verfahren gewandt hat. Die Anordnung, dass das beklagte Bundesland in Entschädigungsklageverfahren durch den Präsidenten des FG vertreten wird, bedarf keiner Regelung durch ein Gesetz.

Fundstelle(n):
BStBl 2013 II Seite 547
AO-StB 2013 S. 241 Nr. 8
BB 2013 S. 1237 Nr. 21
BB 2013 S. 1505 Nr. 25
BFH/NV 2013 S. 1178 Nr. 7
BFH/PR 2013 S. 298 Nr. 8
BStBl II 2013 S. 547 Nr. 13
DB 2013 S. 1218 Nr. 22
DB 2013 S. 21 Nr. 20
DStR 2013 S. 1027 Nr. 20
DStRE 2013 S. 698 Nr. 11
ErbBstg 2013 S. 149 Nr. 7
GStB 2013 S. 38 Nr. 10
HFR 2013 S. 611 Nr. 7
KÖSDI 2013 S. 18409 Nr. 6
NJW 2013 S. 10 Nr. 23
NJW 2014 S. 256 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 21/2013 S. 1629
StB 2013 S. 264 Nr. 8
StBW 2013 S. 486 Nr. 11
StBW 2013 S. 508 Nr. 11
Ubg 2013 S. 402 Nr. 6
ZIP 2013 S. 6 Nr. 22
wistra 2013 S. 4 Nr. 7
LAAAE-35712

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