Leitsatz
1. Wird ein FG in einem einfach
gelagerten Klageverfahren zwischen dem Eingang des letzten Schriftsatzes eines
der Beteiligten und der Anberaumung der mündlichen Verhandlung fünfeinhalb
Jahre lang —abgesehen von einer Aktenanforderung und einer kurzen Anfrage
an den Kläger— nicht tätig, ist die Verfahrensdauer als unangemessen
anzusehen.
2. War die finanzgerichtliche Klage
unschlüssig, d.h. bereits nach dem eigenen Tatsachenvortrag des Klägers
erkennbar unbegründet, hatte das verzögerte Verfahren für den
Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung. In einem solchen Fall
genügt für die erforderliche Wiedergutmachung die Feststellung der
Verfahrensverzögerung durch das Entschädigungsgericht; der Zuerkennung einer
Geldentschädigung für immaterielle Nachteile bedarf es nicht.
3. Das Entschädigungsgericht kann
eine Verfahrensverzögerung auch dann feststellen, wenn eine Verzögerungsrüge
gar nicht oder —in den Übergangsfällen des Art. 23 Satz 2
ÜberlVfRSchG— nicht unverzüglich erhoben worden ist.
4. Hat der Kläger die Zuerkennung
einer Geldentschädigung beantragt, beschränkt sich das Entschädigungsgericht
aber auf die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer, ist dem
Beklagten gleichwohl der weitaus überwiegende Teil (75 %) der Kosten des
Entschädigungsklageverfahrens aufzuerlegen, wenn tatsächlich eine erhebliche
Verfahrensverzögerung gegeben ist, deren Größenordnung weitgehend mit
derjenigen Zeitspanne deckungsgleich ist, die der Kläger seiner monetären
Entschädigungsforderung zugrunde gelegt hat, und der Kläger die Höhe seiner
Entschädigungsforderung auf den gesetzlichen Regelbetrag des § 198 Abs. 2
Satz 3 GVG beschränkt hat.
5. Eine Entschädigungsklage wegen der
Dauer eines Verfahrens vor dem FG Berlin-Brandenburg ist gegen das Bundesland
zu richten, gegen dessen Verwaltungshandeln sich der spätere
Entschädigungskläger in dem von ihm eingeleiteten finanzgerichtlichen Verfahren
gewandt hat. Die Anordnung, dass das beklagte Bundesland in
Entschädigungsklageverfahren durch den Präsidenten des FG vertreten wird,
bedarf keiner Regelung durch ein Gesetz.
Fundstelle(n):
BStBl 2013 II Seite 547
AO-StB 2013 S. 241 Nr. 8
BB 2013 S. 1237 Nr. 21
BB 2013 S. 1505 Nr. 25
BFH/NV 2013 S. 1178 Nr. 7
BFH/PR 2013 S. 298 Nr. 8
BStBl II 2013 S. 547 Nr. 13
DB 2013 S. 1218 Nr. 22
DB 2013 S. 21 Nr. 20
DStR 2013 S. 1027 Nr. 20
DStRE 2013 S. 698 Nr. 11
ErbBstg 2013 S. 149 Nr. 7
GStB 2013 S. 38 Nr. 10
HFR 2013 S. 611 Nr. 7
KÖSDI 2013 S. 18409 Nr. 6
NJW 2013 S. 10 Nr. 23
NJW 2014 S. 256 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 21/2013 S. 1629
StB 2013 S. 264 Nr. 8
StBW 2013 S. 486 Nr. 11
StBW 2013 S. 508 Nr. 11
Ubg 2013 S. 402 Nr. 6
ZIP 2013 S. 6 Nr. 22
wistra 2013 S. 4 Nr. 7
LAAAE-35712