Klage gegen den Lückenschluss A 33 zwischen Bielefeld-Steinhagen und Borgholzhausen
Leitsatz
1. Bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung sind diejenigen charakteristischen Arten auszuwählen, die einen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im jeweiligen Lebensraumtyp aufweisen bzw. die Erhaltung ihrer Populationen muss unmittelbar an den Erhalt des jeweiligen Lebensraumtyps gebunden sein. Die Arten müssen für das Erkennen und Bewerten von Beeinträchtigungen relevant sein, d.h. es sind Arten auszuwählen, die eine Indikatorfunktion für potenzielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen.
2. Ein Naturschutzverband ist mit seinen Einwendungen präkludiert, wenn er erst im gerichtlichen Verfahren Trassenalternativen geltend macht, die der Vorhabenträger auch unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten untersucht und mit der als verträglich mit den Naturschutzbelangen angesehenen Plantrasse abgewogen hat.
3. Bei Stickstoffeinträgen ist eine Irrelevanzschwelle anzuerkennen, wenn schon die Vorbelastung den sog. Critical Load für den betroffenen Lebensraumtyp so deutlich übersteigt, dass die vorhabenbedingte Zusatzbelastung demgegenüber nicht ins Gewicht fällt (Anschluss an BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 93).
4. Tatsachen, die außerhalb des FFH-Gebiets artenschutzrechtlich zu berücksichtigen sind, wirken sich auf die Rechtmäßigkeit der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht aus.
5. Als den Projektbegriff im Sinne des § 48d Abs. 4 LG NRW, § 34 Abs. 2 BNatSchG, Art. 6 Abs. 3 FFH-RL erfüllender Eingriff in Natur und Landschaft ist nach § 14 Abs. 2 BNatSchG die landwirtschaftliche Bodennutzung nicht anzusehen, wenn die Ziele des Naturschutzes berücksichtigt werden. Die Frage, ob von einer konkreten landwirtschaftlichen Nutzung eine Beeinträchtigung droht, ist zuvörderst eine naturschutzfachliche Frage, die der für die Unterschutzstellung zuständige Normgeber im Zusammenhang mit der Schutzgebietsausweisung und der Schutzgebietspflege zu regeln hat.
6. Solange der Bund von der Verordnungsermächtigung nach § 15 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG keinen Gebrauch gemacht hat, können die Länder Einzelheiten zu den Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft bestimmen. Die Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes der Vollkompensation darf nicht hinter dem durch die bundesgesetzliche Regelung gewährleisteten Schutzniveau zurückbleiben.
7. Bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens steht der Planfeststellungsbehörde ebenso wie bei der Bewertung und Quantifizierung der Kompensationswirkungen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu.