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BFH Beschluss v. - X B 138/13

Gesetze: GG Art. 20 Abs. 3, FGO § 76 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, AStG § 1 Abs. 1, GG Art. 2 Abs. 1, GG Art. 19 Abs. 4, AO § 162

Anspruch auf ein faires Verfahren; irrtümliche Vernichtung beschlagnahmter Originalunterlagen des Steuerpflichtigen im Bereich der Finanzverwaltung

Leitsatz

1. Aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gebot effektiven Rechtsschutzes wird der Anspruch auf ein faires Verfahren als "allgemeines Prozessgrundrecht" abgeleitet. Der Richter muss das Verfahren so gestalten, wie die Parteien bzw. Beteiligten es von ihm erwarten dürfen. Er darf sich nicht widersprüchlich verhalten und ist allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet. Dem Bürger darf das Versagen organisatorischer Vorkehrungen, auf die er keinen Einfluss hat, nicht zur Last gelegt werden.
2. Hat die Steuerfahndung während des laufenden Verfahrens entscheidungserhebliche beschlagnahmte Originalunterlagen des Steuerpflichtigen vernichtet, darf das Finanzgericht Ausführungen im Steuerfahndungsbericht nicht zur alleinigen Grundlage seiner eigenen Gewinnschätzung machen, wenn es dem Steuerpflichtigen wegen der Vernichtung der Unterlagen unmöglich geworden ist, substantiierte inhaltliche Einwendungen gegen diese Ausführungen zu erheben.
3. Der Rechtsstaat muss es aushalten können, wenn in einem Einzelfall eine möglicherweise entstandene Steuerschuld nicht mehr festgesetzt werden kann, weil die Beweismittel aufgrund von Organisationsmängeln im Bereich der Finanzverwaltung vernichtet worden sind und sich die vom Steuerpflichtigen angerufenen Gerichte daher kein eigenen Bild vom Sachverhalt mehr machen können.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2014 S. 720 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 13/2014 S. 506
WAAAE-57208

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