Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern als abgekürzter Leistungsweg einer freigebigen Zuwendung
Leitsatz
1. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG setzt voraus, dass zivilrechtlich und schenkungsteuerrechtlich Gegenstand der Schenkung ein Grundstück ist und sich der Grundstückerwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht. 2. Überträgt der Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Kommanditbeteiligung auf seinen Sohn und verpflichtet sich in einem Schenkungsvertrag der Beschenkte (Sohn) gegenüber dem Schenker, anstelle der Zahlung eines Gleichstellungsgeldes einen Grundstücks-Miteigentumsanteil auf die Schwester zu übertragen, ist schenkungsteuerrechtlich der am Grunderwerb selbst nicht beteiligte Schenker als Zuwendender anzusehen. 3. Aus der Zusammenschau zweier Befreiungsvorschriften kann sich eine Steuerbefreiung ergeben, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt. Insbesondere kann sich aufgrund interpolierender Betrachtung eine Steuerbefreiung ergeben, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Weg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. 4. Die Übertragung eines Grundstücks-Miteigentumsanteils zwischen Geschwistern kann als abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung eines Elternteils bei interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Nr. 6 GrEStG steuerbefreit sein. 5. Ist der zwischen Geschwistern übertragene Grundstücks-Miteigentumsanteil mit einem vom Beschenkten übernommenen Nießbrauchsrecht zugunsten den schenkenden Elternteils belastet, ist die Nießbrauchsverpflichtung bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen. 6. Eine interpolierende Betrachtung darf nicht zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck hinaus führen. Dies aber wäre der Fall, wenn man § 3 Nr. 6 GrEStG ohne jeden Bezug zu einer anderen Befreiungsregelung interpolierend auf die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern und damit auf eine Gestaltung anwendete, die nach der Systematik der Befreiungsvorschriften gerade nicht von der Grunderwerbsteuer befreit sein soll.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BB 2015 S. 166 Nr. 4 BFH/NV 2015 S. 5 Nr. 1 DNotZ 2015 S. 205 Nr. 3 DStZ 2014 S. 870 Nr. 24 ErbStB 2015 S. 1 Nr. 1 KÖSDI 2015 S. 19199 Nr. 2 UVR 2015 S. 10 Nr. 1 LAAAE-78941