Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt Finanzbehörde
Leitsatz
1. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt grundsätzlich das Finanzamt (FA). Dies gilt jedoch nicht, soweit es nicht um die objektive Beweislast für die "neue Tatsache", sondern um die Verletzung der Ermittlungspflicht des FA geht. Diese Feststellungslast trifft den Steuerpflichten. 2. Dem FA gilt der Inhalt der Akten als bekannt, die in der zuständigen Dienststelle für den zu veranlagenden Steuerpflichtigen geführt werden. Dagegen gelten Tatsachen, die sich aus den Akten anderer Steuerpflichtiger ergeben, auch dann nicht als bekannt, wenn für deren Bearbeitung dieselbe Person zuständig ist. 3. Der zuständige Bearbeiter muss sich das Wissen aus einem anderen steuerlichen Verfahren zurechnen lassen, wenn zur Hinzuziehung des entsprechenden Vorgangs nach den Umständen des Falles, insbesondere nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklärung oder der präsenten Akten, eine besondere Veranlassung bestand. 4. Die Beweislast dafür, dass dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren oder nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuerklärung oder der präsenten Akten als bekannt zuzurechnen sind, trägt der Steuerpflichtige. Dies gilt insbesondere dann wenn wegen des Unterlassens der Beiziehung "anderer" Akten die Verletzung der Ermittlungspflicht in Rede steht. Lassen sich entsprechende Umstände oder ein dahingehendes Fehlverhalten nicht nachweisen, gelten nicht aktenkundige Tatsachen nicht als bekannt und erlauben dem FA eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): AO-StB 2015 S. 323 Nr. 11 BFH/NV 2015 S. 1342 Nr. 10 JAAAE-97174