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BGH Urteil v. - VI ZR 34/15

Gesetze: § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 7 TMG, § 10 TMG, § 138 ZPO, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG

Haftung eines Hostproviders als mittelbarer Störer: Umfang der Prüfungspflichten bei behaupteter Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen ins Netz gestellten Beitrag; Interessenabwägung; vom Betreiber eines Arztbewertungsportals zu verlangender Prüfungsaufwand

Leitsatz

1. Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt.

2. Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

3. Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.

4. Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Fundstelle(n):
BB 2016 S. 1484 Nr. 25
BB 2016 S. 577 Nr. 10
BB 2016 S. 897 Nr. 16
DStR 2016 S. 15 Nr. 10
NJW 2016 S. 2106 Nr. 29
NJW 2016 S. 28 Nr. 12
WM 2016 S. 1950 Nr. 40
ZIP 2016 S. 17 Nr. 9
ZIP 2016 S. 869 Nr. 18
XAAAF-71439

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