Aussetzung des Verfahrens nach EuGVVO durch das später angerufene Gericht: Zeitpunkt der Anrufung; Vornahme von zwei Verfahrensschritten; Anschriftenangabe zur Bewirkung der Klagezustellung; Zustellung an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des Beklagten
Leitsatz
1. Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO a.F.) definiert einheitlich und autonom den Zeitpunkt, zu dem ein Gericht für die Zwecke der Anwendung der Art. 27 bis 29 EuGVVO a.F. als angerufen gilt.
2. Art. 30 EuGVVO a.F. lässt für die Anrufung im Sinne des Art. 27 EuGVVO a.F. die Vornahme eines von zwei Verfahrensschritten - Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht oder Zustellung des Schriftstücks beim Beklagten - genügen, sofern der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass auch der zweite Verfahrensschritt bewirkt und die endgültige Rechtshängigkeit herbeigeführt wird.
3. Zu den Maßnahmen, die der in Deutschland Klagende gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO a.F. zu treffen hat, um die Zustellung der Klage zu bewirken, gehört die Angabe einer zutreffenden und vollständigen Anschrift des Beklagten.
4. Ersucht der Kläger, der dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten nicht mitgeteilt hat, das Gericht um Zustellung der Klage an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des Beklagten, so erfüllt er seine prozessualen Obliegenheiten im Sinne des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO a.F. nur dann, wenn er den richtigen Vertreter, d.h. eine Person mit Empfangsvollmacht, benennt oder jedenfalls ohne Nachlässigkeit darauf vertrauen darf, dass der von ihm als Vertreter Benannte tatsächlich Empfangsvollmacht hat.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2016:130916BVIZB21.15.0
Fundstelle(n): NJW 2017 S. 564 Nr. 8 RIW 2017 S. 307 Nr. 5 WM 2017 S. 1761 Nr. 36 ZIP 2016 S. 2496 Nr. 51 ZIP 2016 S. 97 Nr. 50 IAAAF-87220