Wahrung der Festsetzungsfrist bei Bekanntgabe unmittelbar gegenüber dem Steuerpflichtigen trotz Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten - Bekanntgabewille
Leitsatz
1. Das FG verletzt die Bindung an das Klagebegehren, wenn es über einen anderen Gegenstand entscheidet als über den, den der Kläger zur Entscheidung stellen wollte.
2. Ein unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG an den Inhaltsadressaten anstatt an den Bevollmächtigten zugestellter Steuerbescheid ist nicht wirksam bekannt gegeben.
3. Die unwirksame Zustellung und der Bekanntgabemangel werden geheilt, wenn der Bescheid an den Bevollmächtigten weitergeleitet wird und diesem zugeht. Damit beginnt die Einspruchsfrist zu laufen.
4. Der ursprünglich vorhandene Zustellwille wirkt fort, solange er nicht durch ausdrückliche Erklärung oder konkludentes Verhalten zurückgenommen worden ist. Das ist nicht schon der Fall, wenn das FA einen Änderungsbescheid erlässt oder wenn es den Bescheid wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr (erneut) bekannt geben dürfte.
5. Die Festsetzungsfrist ist gewahrt, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Frist den Bereich der zuständigen Finanzbehörde verlassen hat. Das gilt auch dann, wenn der Bescheid erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist wirksam wird.
6. Ein Änderungsbescheid ist gegenstandslos und nichtig, wenn im Zeitpunkt seines Erlasses der Bescheid fehlt, den er ändern soll. Das gilt auch, wenn der zu ändernde Bescheid mit der Heilung des Bekanntgabemangels später wirksam wird. Die Heilung des Bekanntgabemangels wirkt nicht zurück.
7. Eine unternehmerische Beteiligung an einer AG liegt auch vor, wenn der Gesellschafter zwar selbst mit weniger als 25 % an der Gesellschaft beteiligt ist, aufgrund einer uneingeschränkten Stimmrechtsvollmacht jedoch über 48 % der Stimmrechte verfügen kann.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BFH:2017:U.110417.IXR50.15.0
Fundstelle(n): BFH/NV 2017 S. 1300 Nr. 10 RAAAG-53336