Vorläufigkeitsvermerk - Teil-Einspruchsentscheidung und Zwangsruhe
Leitsatz
1. Bezieht sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht auf das gesamte Verfahren, sondern nur auf einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte, liegt nur dann ein relevanter Verfahrensmangel vor, wenn er zum einen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG, zum anderen aus der Sicht des Revisionsgerichts für die Entscheidung erheblich ist.
2. Das Zusammentreffen von Vorläufigkeitsfestsetzung und Teil-Einspruchsentscheidung beruht auf der gesetzgeberischen Konzeption, die ausgedehnte Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens zwecks Teilhabe an allen künftigen vorteilhaften steuerrechtlichen Entwicklungen zu verhindern. Die Zulässigkeit dieses Konzepts ist grundsätzlich geklärt.
3. Eine Fortsetzungsmitteilung nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO ist eine Ermessensentscheidung und bedarf einer entsprechenden Begründung.
4. Eine Fortsetzungsmitteilung ist für die Fortsetzung des Verfahrens nur konstitutiv, wenn zunächst durch Berufung auf ein Musterverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 AO Zwangsruhe eingetreten war. Das setzt voraus, dass dieses Verfahren tatsächlich Mustercharakter hat.
5. Zur Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit von Vorläufigkeitsvermerken:
Die verfassungskonforme Auslegung ist auch nach Einfügung der Nr. 4 Gegenstand des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO.
Ein Vorläufigkeitsvermerk muss die Musterverfahren nicht benennen, auf die er sich bezieht.
Einspruch und Aussetzung der Vollziehung bleiben auch bei vorläufiger Festsetzung möglich, wenn dafür entsprechende Gründe vorgetragen werden.
Gegen eine für endgültig erklärte Steuerfestsetzung ist der Einspruch statthaft.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BFH:2017:B.230617.XB152.16.0
Fundstelle(n): BFH/NV 2017 S. 1622 Nr. 12 WAAAG-59866