Ausschließung oder Ablehnung eines Richters, über dessen früheres Verhalten im Prozess Beweis erhoben wird
Leitsatz
1. NV: Ein Richter, über dessen Verhalten in einem früheren Verfahrensabschnitt, das ein Prozessbeteiligter als Nötigung bezeichnet, Beweis erhoben wird, ist nicht schon kraft Gesetzes von der Mitwirkung an der Beweisaufnahme und der Entscheidung über deren Ergebnis ausgeschlossen. Die Beteiligten können ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen neutralen und unabhängigen Richter in einem derartigen Fall aber durch Anbringung eines Ablehnungsgesuchs durchsetzen. Diese Rechtslage genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
2. NV: Der Ausschluss eines Richters nach § 41 Nr. 5 ZPO setzt voraus, dass der Richter tatsächlich als Zeuge oder Sachverständiger vernommen wurde. Ist eine solche Vernehmung nicht durchgeführt worden, sind die Voraussetzungen des § 41 Nr. 5 ZPO auch dann nicht erfüllt, wenn das Unterbleiben der Vernehmung verfahrensfehlerhaft gewesen sein sollte.
3. NV: § 41 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig ist. Daran fehlt es sowohl bei einem Wiederaufnahmeverfahren als auch bei einem Verfahren, in dem es um die Frage geht, ob abgegebene Erledigungserklärungen unwirksam sind und das Ursprungsverfahren daher fortzusetzen ist.
4. NV: Die in § 41 ZPO enthaltene Aufzählung der gesetzlichen Ausschließungsgründe ist abschließend.
5. NV: Die Voraussetzungen des § 119 Nr. 2 FGO liegen nicht vor, wenn die Beteiligten zwar die Möglichkeit gehabt hätten, ein Ablehnungsgesuch mit Aussicht auf Erfolg anzubringen, tatsächlich aber keinen Ablehnungsantrag gestellt haben.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BFH:2018:B.090518.XB143.17.0
Fundstelle(n): BB 2019 S. 857 Nr. 15 BFH/NV 2018 S. 973 Nr. 9 KAAAG-89743