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BGH Beschluss v. - VIII ZR 225/17

Gesetze: § 133 BGB, § 157 BGB, § 275 Abs 1 BGB, § 434 Abs 1 S 2 Nr 2 BGB, § 439 Abs 1 Alt 2 BGB, § 439 Abs 4 BGB, § 5 Abs 1 FZV, Art 3 Nr 10 EGV 715/2007, Art 5 Abs 2 S 1 EGV 715/2007

Sachmangel und die Folgen bei Kraftfahrzeug mit unzulässiger Abschalteinrichtung

Leitsatz

1a. Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine - den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende - Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.

1b. Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.

2a. Ob eine gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist, hängt nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von , BGHZ 168, 64 Rn. 20; vom - VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20, BGHZ 220, 77).

2b. Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und - funktionell sowie vertragsmäßig - gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von , aaO Rn. 23; vom - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; vom - VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 41, BGHZ 220, 134).

Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (Bestätigung von , NJW 2018, 789 Rn. 8).

2c. Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es - nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar - im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:080119BVIIIZR225.17.0

Fundstelle(n):
BB 2019 S. 513 Nr. 10
DB 2019 S. 16 Nr. 9
DStR 2019 S. 15 Nr. 9
NJW 2019 S. 1133 Nr. 16
WM 2019 S. 424 Nr. 9
ZIP 2019 S. 17 Nr. 9
ZIP 2019 S. 467 Nr. 10
KAAAH-08577

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