Unwirksamkeit einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützten Unzulässigkeitsentscheidung nach stattgebendem Eilbeschluss
Leitsatz
1. Lehnt das Bundesamt einen Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig ab, weil dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU internationaler Schutz gewährt worden ist, und droht es ihm zugleich die Abschiebung an, werden beide Entscheidungen nach § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG mit einer die aufschiebende Wirkung der Abschiebungsandrohung anordnenden Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts unabhängig von den Gründen der Stattgabe kraft Gesetzes unwirksam.
2. In diesen Fällen ist das Asylverfahren nach § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG fortzuführen. Bei dieser Fortführung muss sich das Bundesamt mit den vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerten ernstlichen Zweifeln auseinandersetzen, ist aber an dessen Bewertung nicht gebunden. Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG - einschließlich etwaiger sich aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts ergebender Vorgaben - weiterhin vor, muss es erneut eine Unzulässigkeitsentscheidung treffen.
3. Eine "Endlosschleife" im Verfahren kann das Bundesamt in dieser Konstellation mit den Entscheidungsinstrumenten, die das Asylgesetz zur Verfügung stellt, vermeiden. Insbesondere kann es eine rechtsgrundsätzliche Klärung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren dadurch herbeiführen, dass es entweder ausnahmsweise vom Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 2 AsylG bis zu einer endgültigen gerichtlichen Überprüfung seiner erneuten Unzulässigkeitsentscheidung in einem Hauptsacheverfahren absieht oder eine Abschiebungsandrohung erlässt, deren Vollzug aber bis zu einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nach § 80 Abs. 4 VwGO aussetzt.
4. Mit dem Asylgesetz objektiv nicht im Einklang steht die Praxis des Bundesamts, bei einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützten Unzulässigkeitsentscheidung die Abschiebungsandrohung unter Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG mit einer bei Klageerhebung erst nach der Unanfechtbarkeit laufenden 30-tägigen Ausreisefrist zu verbinden.