Steuerrechtliche Folgen der Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Abgabe einer Freigabeerklärung (§ 35 Abs. 2 InsO n.F.)
Leitsatz
1. Hat der Insolvenzverwalter Kenntnis davon, dass der Insolvenzschuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, oder war eine solche Tätigkeit für ihn erkennbar, ist er in einem nach dem eröffneten Insolvenzverfahren gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO verpflichtet, unverzüglich zu erklären, ob er die Tätigkeit aus der Insolvenzmasse freigibt oder nicht.
2. Verletzt der Insolvenzverwalter diese Pflicht, führt sein pflichtwidriges Unterlassen dazu, dass Verbindlichkeiten „in anderer Weise“ i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet werden (Fortführung der , BFH/NV 2010, 2114; vom - X R 26/14, BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848; vom - V R 51/17, BFHE 265, 294).
3. Eine formfrei mögliche Freigabeerklärung wirkt grundsätzlich erst ab ihrem Zugang beim Insolvenzschuldner (ex nunc). Die Überleitung der Vertragsverhältnisse, die der selbständigen Tätigkeit des Schuldners dienen, wirkt nicht auf Forderungen und Verbindlichkeiten zurück, soweit diese vor Wirksamwerden der Erklärung entstanden sind (Anschluss an das , BGHZ 221, 212).
Fundstelle(n): BStBl 2020 II Seite 480 BFH/NV 2020 S. 743 Nr. 8 BFH/PR 2020 S. 246 Nr. 9 BStBl II 2020 S. 480 Nr. 12 DStR 2020 S. 11 Nr. 21 DStR 2020 S. 1200 Nr. 23 DStRE 2020 S. 760 Nr. 12 GStB 2020 S. 31 Nr. 9 HFR 2020 S. 715 Nr. 8 NWB-Eilnachricht Nr. 23/2020 S. 1680 StuB-Bilanzreport Nr. 20/2020 S. 812 UR 2020 S. 638 Nr. 15 ZIP 2020 S. 1307 Nr. 27 AAAAH-49569