Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind; Feststellung eines Gendefektes nach Vollendung des 27. Lebensjahres
Leitsatz
1. Für die Beurteilung des Merkmals „Behinderung“ i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ist die in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltene Legaldefinition in der im jeweiligen Streitzeitraum geltenden Fassung maßgeblich.
2. Der Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 SGB IX i.d.F. bis setzt eine für das Lebensalter untypische gesundheitliche Situation voraus, die mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert und kausal zu einer Teilhabebeeinträchtigung führt.
3. Alle drei Tatbestandsmerkmale des Behinderungsbegriffes müssen vor Vollendung der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG geregelten Altersgrenze eingetreten sein und zusätzlich auch während des Zeitraums bestehen, für den der Kindergeldanspruch geltend gemacht wird.
5. Liegt bei einem Kind ein Gendefekt vor, der vor Erreichen der Altersgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG zu keiner mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauernden Funktionsstörung und/oder zu keiner darauf beruhenden Teilhabebeeinträchtigung geführt hat, scheidet ein auf die Behinderung gestützter Kindergeldanspruch aus.
Fundstelle(n): BStBl 2020 II Seite 558 BFH/NV 2020 S. 988 Nr. 10 BStBl II 2020 S. 558 Nr. 15 DStR 2020 S. 8 Nr. 28 DStRE 2020 S. 852 Nr. 14 EStB 2020 S. 339 Nr. 9 GStB 2020 S. 37 Nr. 11 HFR 2020 S. 813 Nr. 9 NJW 2020 S. 2357 Nr. 32 NWB-Eilnachricht Nr. 29/2020 S. 2141 StuB-Bilanzreport Nr. 16/2020 S. 644 IAAAH-53161