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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1873/13, 1 BvR 2618/13

Gesetze: Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 10 Abs 1 GG, Art 73 Abs 1 Nr 7 GG, § 22a Abs 1 S 1 BGSG 1994 vom , § 22a Abs 2 BGSG 1994 vom , § 10 Abs 1 S 1 BKAG 2018 vom , § 10 Abs 2 BKAG 2018 vom , § 40 Abs 1 S 1 BKAG 2018 vom , § 40 Abs 2 BKAG 2018 vom , § 2b S 1 BNDG vom , § 4 S 1 BNDG vom , § 8d Abs 1 S 1 BVerfSchG vom , § 8d Abs 2 S 1 BVerfSchG vom , § 4b S 1 MADG vom , § 113 Abs 1 S 1 TKG 2004 vom , § 113 Abs 1 S 2 TKG 2004 vom , § 113 Abs 1 S 3 TKG 2004 vom , § 113 Abs 1 S 4 TKG 2004 vom , § 113 Abs 2 S 1 TKG 2004 vom , § 113 Abs 3 TKG 2004 vom , § 113 Abs 4 TKG 2004 vom , § 113 Abs 5 S 2 TKG 2004 vom , § 113 Abs 5 S 3 TKG 2004 vom , § 113b Abs 3 TKG 2004, § 7 Abs 5 S 1 ZFdG vom , § 7 Abs 6 ZFdG vom , § 15 Abs 2 S 1 ZFdG vom , § 15 Abs 3 ZFdG vom

Unvereinbarkeit des § 113 TKG (juris: TKG 2004) idF vom sowie mehrerer Bundesgesetze zum manuellen Auskunftsverfahren mit Art 2 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 1 GG sowie Art 10 Abs 1 GG - Fortgeltung bis

Leitsatz

1. Der Gesetzgeber muss bei der Einrichtung eines Auskunftsverfahrens auf Grundlage jeweils eigener Kompetenzen für sich genommen verhältnismäßige Rechtsgrundlagen sowohl für die Übermittlung als auch für den Abruf der Daten schaffen.

Übermittlungs- und Abrufregelungen für Bestandsdaten von Telekommunikationsdiensteanbietern müssen die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen, mithin die Datenverwendung an bestimmte Zwecke, tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz binden.

2. Schon dem Gesetzgeber der Übermittlungsregelung obliegt die normenklare Begrenzung der Zwecke der möglichen Datenverwendung. Eine Begrenzung der Verwendungszwecke erst zusammen mit der Abrufregelung kommt nur in Betracht, wenn die Übermittlungsregelung Materien betrifft, die allein im Kompetenzbereich des Bundes liegen und die Regelungen eine in ihrem Zusammenwirken normenklare und abschließende Zweckbestimmung der Datenverwendung enthalten.

3. Die Befugnis zum Datenabruf muss nicht nur für sich genommen verhältnismäßig sein, sondern ist - auch aus Gründen der Normenklarheit - zudem an die in der Übermittlungsregelung begrenzten Verwendungszwecke gebunden. Dabei steht es dem Gesetzgeber der Abrufregelung frei, den Abruf der Daten an weitergehende Anforderungen zu binden.

4. Trotz ihres gemäßigten Eingriffsgewichts bedürfen die allgemeinen Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf von Bestandsdaten für die Gefahrenabwehr und die Tätigkeit der Nachrichtendienste grundsätzlich einer im Einzelfall vorliegenden konkreten Gefahr und für die Strafverfolgung eines Anfangsverdachts.

Die Zuordnung dynamischer IP-Adressen muss im Hinblick auf ihr erhöhtes Eingriffsgewicht darüber hinaus auch dem Schutz oder der Bewehrung von Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht dienen. Es bedarf ferner einer nachvollziehbaren und überprüfbaren Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen.

Als Eingriffsschwelle kann im Bereich der Gefahrenabwehr und der nachrichtendienstlichen Tätigkeit das Vorliegen einer konkretisierten Gefahr ausreichen, soweit es um den Schutz von Rechtsgütern oder die Verhütung von Straftaten von zumindest erheblichem Gewicht (allgemeine Bestandsdatenauskunft) oder besonderem Gewicht (Zuordnung dynamischer IP-Adressen) geht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2020:rs20200527.1bvr187313

Fundstelle(n):
NJW 2020 S. 2699 Nr. 37
MAAAH-53728

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