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BGH Urteil v. - III ZR 283/18

Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, § 43a Abs 2 S 1 BRAO, § 43a Abs 4 BRAO, § 45 Abs 2 Nr 2 BRAO, § 59b Abs 2 Nr 1 Buchst c BRAO, § 559 Abs 1 ZPO, § 580 Nr 7 Buchst b ZPO, § 241 Abs 2 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 311 Abs 2 BGB, § 328 Abs 1 BGB

Berücksichtigung von Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz; Vertretung widerstreitender Interessen bei anwaltlicher Berufsausübung: Dieselbe Sache, Hinweis- und Aufklärungspflicht; Befreiung von Verschwiegenheitspflicht

Leitsatz

1. Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 559 ZPO berücksichtigt werden; der Grund der Prozesswirtschaftlichkeit allein genügt für die Zulassung des neuen Vorbringens nicht.

2. Eine Vertretung widerstreitender Interessen im Sinne von § 43a Abs. 4 BRAO setzt voraus, dass der Rechtsanwalt im (Kern-)Bereich der rechtsbesorgenden anwaltlichen Berufsausübung tätig wird.

3. Hinsichtlich der Frage, ob der Rechtsanwalt im Sinne des § 45 Abs. 2 Nr. 2 BRAO in derselben Angelegenheit tätig wird, ist unter Berücksichtigung der Tragweite der Berufsausübungsfreiheit eine restriktive Auslegung geboten. An einer Tätigkeit in derselben Angelegenheit fehlt es, wenn sich die durch die jeweilige Aufgabenwahrnehmung berührten Interessen nicht in relevantem Maße überschneiden.

4. Zur Frage eines aufklärungsbedürftigen Interessenkonflikts, wenn der Sicherheitentreuhänder einer Hypothekenanleihe für den Emittenten zuvor im Prospektbilligungsverfahren tätig geworden ist.

5. Ein Sicherheitentreuhänder ist aus dem zwischen ihm und dem Emittenten zugunsten der Anleger geschlossenen Treuhandvertrag verpflichtet, diese über Umstände zu informieren, die den Vertragszweck, für ihn erkennbar, gefährden können, insbesondere, soweit es um die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Durchführung der treuhänderischen Tätigkeit geht. Die Aufklärungsverpflichtung wird durch die Reichweite der treuhänderischen Pflichten bestimmt und begrenzt. Eine (vor-)vertragliche Aufklärung der Anleger ist grundsätzlich nur geschuldet, sofern ein Bezug zu den Aufgaben als Sicherheitentreuhänder besteht. Risiken und Renditeaussichten der Kapitalanlage als solcher sind hiervon regelmäßig nicht erfasst.

6. Die Befreiung eines Sicherheitentreuhänders von seiner aus der Tätigkeit im Prospektbilligungsverfahren resultierenden anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht kann sich aus dem Sinn und Zweck des Treuhandvertrags ergeben, soweit die Erfüllung der den Anlegern gegenüber bestehenden Aufklärungspflicht aus der Funktion als Sicherheitentreuhänder dies erfordert.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:170920UIIIZR283.18.0

Fundstelle(n):
DB 2020 S. 2520 Nr. 47
DStR 2020 S. 14 Nr. 44
DStR 2021 S. 14 Nr. 5
NJW 2020 S. 3451 Nr. 47
WM 2020 S. 2029 Nr. 43
WM 2021 S. 262 Nr. 6
ZIP 2020 S. 2125 Nr. 43
ZIP 2020 S. 81 Nr. 42
OAAAH-61220

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