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EuGH Urteil v. - C-656/19

Gesetze: EGRL 112/2006 Art 146 Abs 1 Buchst b, EGRL 112/2006 Art 147, EGRL 112/2006 Art 273 Abs 1, EUV 2015/2446 Art 1 Nr 5

Leitsatz

1. Die in Art. 147 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vorgesehene Steuerbefreiung für „Gegenstände zur Mitführung im persönlichen Gepäck von Reisenden“, ist dahin auszulegen, dass darunter keine Gegenstände fallen, die eine Privatperson, die nicht in der Europäischen Union ansässig ist, zu gewerblichen Zwecken nach Orten außerhalb der Europäischen Union mit sich führt, um sie in einem Drittstaat weiterzuverkaufen.

2. Art. 146 Abs. 1 Buchst. b und Art. 147 der Richtlinie 2006/112 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsprechung nicht entgegenstehen, nach der die Steuerverwaltung, wenn sie feststellt, dass die Voraussetzungen der Mehrwertsteuerbefreiung für Gegenstände zur Mitführung im persönlichen Gepäck von Reisenden nicht erfüllt sind, die betreffenden Gegenstände vom Erwerber aber tatsächlich nach Orten außerhalb der Union befördert wurden, verpflichtet ist, zu prüfen, ob die in Art. 146 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung auf die in Rede stehende Lieferung angewandt werden kann, obwohl die einschlägigen Zollformalitäten nicht durchgeführt wurden und der Erwerber beim Kauf nicht beabsichtigte, dass diese Befreiung angewandt wird.

3. Art. 146 Abs. 1 Buchst. b und Art. 147 der Richtlinie 2006/112 sowie die Grundsätze der steuerlichen Neutralität und der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Praxis entgegenstehen, nach der die Steuerverwaltung einem Steuerpflichtigen automatisch die in diesen Bestimmungen vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung versagt, wenn sie feststellt, dass der Steuerpflichtige das Formular bösgläubig ausgestellt hat, auf dessen Grundlage der Erwerber sich auf die in Art. 147 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung berufen hat, obwohl feststeht, dass die betroffenen Gegenstände das Gebiet der Europäischen Union verlassen haben. Unter diesen Umständen ist die in Art. 146 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung zu versagen, wenn der Verstoß gegen eine formale Anforderung den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen hinsichtlich der Anwendung dieser Befreiung erfüllt wurden, oder wenn festgestellt wird, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der fragliche Umsatz in einen Betrug einbezogen war, der das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2020:1045

Fundstelle(n):
AAAAH-70032

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