Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers eines Diesel-Neufahrzeugs: Ausstattung des Fahrzeugtyps mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems; besondere Verwerflichkeit des Verhaltens; Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung
Leitsatz
1. Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wird. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen.
2. Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2021:190121BVIZR433.19.0
Fundstelle(n): BB 2021 S. 321 Nr. 6 BB 2021 S. 525 Nr. 9 NJW 2021 S. 921 Nr. 13 WM 2021 S. 354 Nr. 7 ZIP 2021 S. 297 Nr. 6 ZIP 2021 S. 7 Nr. 4 OAAAH-70117