Zur Zulässigkeit unechter Rückwirkung im Einkommensteuerrecht - insb zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf höchstrichterliche Rspr nach erstmaliger Entscheidung einer Rechtsfrage durch ein Bundesgericht (Abgrenzung gegenüber BVerfGE 126, 369 und BVerfGE 131, 20) - sowie zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den Fortbestand einer Rechtslage bei Novellierungsplänen des Gesetzgebers - Anforderungen an die Rechtfertigung der Rückwirkung bei schutzwürdigem Vertrauen - hier: Beschränkung der Absetzbarkeit von Vorauszahlungen auf Erbbauzinsen durch gleichmäßige Verteilung der Ausgaben auf den Nutzungszeitraum (§ 11 Abs 2 S 3 Halbs 1 EStG) teilweise verfassungswidrig
Leitsatz
1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht außerhalb des Strafrechts auf den grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen sowie den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
2. Die Beschränkung der Absetzbarkeit von Vorauszahlungen auf Erbbauzinsen durch die gleichmäßige Verteilung der Ausgaben auf den Zeitraum, für den sie geleistet worden sind, durch § 11 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 30 EStG in der Fassung des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes war mit belastenden Folgen einer unechten Rückwirkung verbunden, die zum Teil dem Grundsatz des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widersprechen.
3. Internes Verwaltungshandeln ohne Beteiligung der zur Gesetzesinitiative Berechtigten mindert das grundsätzlich schutzwürdige Vertrauen der Steuerpflichtigen in das geltende Recht nicht.
Fundstelle(n): BFH/NV 2021 S. 1054 Nr. 8 DStR 2021 S. 1153 Nr. 20 DStR 2021 S. 6 Nr. 19 DStRE 2021 S. 697 Nr. 11 EStB 2021 S. 240 Nr. 6 FR 2021 S. 939 Nr. 19 HFR 2021 S. 712 Nr. 7 KÖSDI 2021 S. 22261 Nr. 6 NJW 2021 S. 2424 Nr. 33 NWB-Eilnachricht Nr. 20/2021 S. 1439 wistra 2021 S. 3 Nr. 6 FAAAH-78425