Arzthaftungsprozess: Anforderungen an die Aufklärung des Patienten bei Anwendung einer nicht allgemein anerkannten medizinischen Behandlungsmethode; vollständige Aufklärung des Patienten als Voraussetzung der hypothetischen Einwilligung und eines Entscheidungskonflikts; Anforderungen an die Substantiierung des klagebegründenden Vortrags
Leitsatz
1. Bei der Anwendung einer (noch) nicht allgemein anerkannten medizinischen Behandlungsmethode sind zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erhöhte Anforderungen an dessen Aufklärung zu stellen. Dem Patienten müssen nicht nur das Für und Wider dieser Methode erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff nicht oder noch nicht medizinischer Standard ist. Eine Neulandmethode darf nur dann am Patienten angewandt werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt.
2. Gedankliche Voraussetzung der hypothetischen Einwilligung ist die Hypothese einer ordnungsgemäßen, insbesondere auch vollständigen Aufklärung. Diese Hypothese ist auch der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob der Patient einen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht hat. Der Tatrichter hat dem Patienten vor seiner - zur Feststellung der Frage, ob dieser in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, grundsätzlich erforderlichen - Anhörung mitzuteilen, welche Aufklärung ihm vor dem maßgeblichen Eingriff richtigerweise hätte zuteilwerden müssen.
3. Zu den Anforderungen an die Substantiierung des klagebegründenden Vortrags.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2021:180521UVIZR401.19.0
Fundstelle(n): NJW-RR 2021 S. 886 Nr. 14 BAAAH-81195