Zur Verfassungswidrigkeitsrüge des ErbStG, der uneingeschränkten verfassungsprozessualen Bindungswirkung des § 31 BVerfGG und zu diversen Verfahrensmängeln im NZB-Verfahren
Leitsatz
1. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG 2009 (hier: wegen Ungleichbehandlung von Mieteigentum und Betriebsvermögen gem. §§ 13a, 13b ErbStG) ist wegen der Unvereinbarkeitserklärung und Fortgeltungsanordnung des nicht mehr klärungsbedürftig.
2. Behörden und Gerichte sind gem. § 31 BVerfGG an die Entscheidungen des BVerfG gebunden; für eine schlüssige Darlegung der Verfassungswidrigkeit der Regelung ist eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rspr. des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich.
3. Die Zulässigkeit einer Anordnung zur Fortgeltung verfassungswidrigen Rechts ist durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (u.a. ); für eine Überprüfung durch die Fachgerichte besteht keine verfahrensrechtliche Handhabe.
4. Fragen der Verfassungsmäßigkeit des ab dem rückwirkend anwendbaren ErbStG 2016 sind in einem Verfahren über die Erbschaftsteuer für Erwerbe im Jahre 2013 nicht klärungsfähig.
5. Die Vereidigung ehrenamtlicher Richter unmittelbar nach der Eröffnung der mündlichen Verhandlung begründet keine Besetzungsrüge gem. § 119 Nr. 1 FGO.
6. Auch ein unvollständiger Sachbericht begründet keine Rüge mangelnden Sachvortrags gem. § 92 Abs. 2 FGO oder fehlender Öffentlichkeit des Verfahrens gem. § 52 Abs. 1 FGO, wenn die noch unvereidigten ehrenamtlichen Richter vor der mündlichen Verhandlung mündlich oder schriftlich über den wesentlichen Inhalt der Akten unterrichtet wurden.
7. Die Pflicht zur Erörterung der Streitsache gem. § 93 Abs. 1 FGO verlangt nicht, den Beteiligten die einzelnen erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen.
8. Die Rüge fehlender Begründung des Urteils gem. § 119 Nr. 6 FGO ist auch bei lückenhafter und rechtsfehlerhafter Begründung nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren.