Rechtsbeschwerdeverfahren nach Richterablehnung: Gehörsverletzung bei Unterstellung einer tatsächlich nicht abgegebenen prozessualen Erklärung; Besorgnis der Befangenheit im Hinblick auf die Tätigkeit eines Richters als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Rechtsanwaltskanzlei in parallel gelagerten Verfahren zum LKW-Kartell - Richterablehnung bei atypischer Vorbefassung
Leitsatz
Richterablehnung bei atypischer Vorbefassung
1. Es stellt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, die mit der Anhörungsrüge geltend gemacht werden kann, wenn das Gericht eine unrichtige Endentscheidung trifft, weil es eine tatsächlich nicht abgegebene prozessuale Erklärung der betroffenen Partei (hier: Rücknahme der Rechtsbeschwerde) unterstellt.
2. Es kann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn ein Richter, der zur Entscheidung über Schadensersatzklagen wegen Verstößen gegen das Kartellverbot (hier: LKW-Kartell) berufen ist, zuvor im Rahmen seiner Referendarausbildung oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Rechtsanwaltskanzlei tätig war, die von einer an dem Kartell beteiligten Prozesspartei mit der Führung des Rechtsstreits sowie weiterer dazu in Sachzusammenhang stehender Rechtsstreitigkeiten betraut ist, und in diesem Zusammenhang an der Erarbeitung von Schriftsätzen in parallel gelagerten Gerichtsverfahren mitgewirkt hat und bei der außergerichtlichen Beratung in die Klärung übergeordneter Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen derartige zivilrechtliche Ansprüche eingebunden war.
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2021:210921BKZB16.21.0
Fundstelle(n): BB 2021 S. 2689 Nr. 46 NJW-RR 2022 S. 209 Nr. 3 DAAAH-94160