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BGH Urteil v. - VIII ZR 79/15

Gesetze: § 133 BGB, § 157 BGB, § 306 Abs 2 BGB, § 306 Abs 3 BGB, § 307 BGB, § 812 BGB, § 818 BGB, Art 6 Abs 1 EWGRL 13/93, Anh A Buchst b EGRL 55/2003

Gaslieferungsvertrag: Ergänzende Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel unter Ersetzung der missbräuchlichen Klausel durch eine dispositive nationale Vorschrift und deren Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht; bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche und deren Verjährung; Bestimmung des im Anschluss zu entrichtenden Gaspreises

Leitsatz

1. Die Ersetzung einer missbräuchlichen Klausel durch eine dispositive nationale Vorschrift, wie dies in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehen ist, steht mit Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie 93/13/EWG im Einklang. Sie ermöglicht es dem nationalen Gericht, die durch den Fortfall der Klausel entstandene Lücke im Vertrag jedenfalls dann durch ergänzende Vertragsauslegung aufzufüllen, wenn - wie hier im Falle eines Preisanpassungsrechts - dispositives Gesetzesrecht im Sinne konkreter materiell-rechtlicher Regelungen nicht zur Verfügung steht und das Offenlassen der mit dem Fortfall der Klausel entstandenen Lücke zu einem Ergebnis führte, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trüge, sondern das Vertragsgefüge in einer Weise völlig einseitig zugunsten des Kunden verschöbe, die zur Folge hätte, dass der Vertrag ohne eine solche Auslegung gemäß § 306 Abs. 3 BGB in seiner Gesamtheit keinen Bestand mehr haben könnte (Bestätigung und Fortführung der , NJW 2013, 991 Rn. 35 ff., und VIII ZR 52/12, juris Rn. 33 ff.).

2. Die in Energieversorgungsstreitigkeiten entwickelte "Dreijahreslösung" des Senats vermeidet die bei einer Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrages für den Kunden eintretenden nachteiligen Folgen einer bereicherungsrechtlichen (Rück-)Abwicklung, indem sie entsprechend den Zielsetzungen der Klausel-Richtlinie darauf angelegt ist, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Heranziehung und Gewichtung ihrer Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und auf diese Weise ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten tatsächlich wiederherzustellen.

3. Wird der nach der "Dreijahreslösung" maßgebliche Preis anschließend unterschritten, hat der Kunde für die Zeiträume der Preisunterschreitungen nur die geringeren Entgelte zu entrichten.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:060416UVIIIZR79.15.0

Fundstelle(n):
NJW 2017 S. 320 Nr. 5
DAAAI-33416

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