Entschädigungsansprüche Gewerbetreibender für Betriebsschließungen aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie: Anwendbarkeit der Anspruchsgrundlagen im IfSG; Begrenzung der Entschädigungstatbestände auf wenige Fälle; Entschädigungsbestimmungen als abschließende spezialgesetzliche Regelung mit Sperrwirkung
Leitsatz
1. § 56 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gewähren Gewerbetreibenden, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als infektionsschutzrechtliche Nichtstörer durch eine auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützte flächendeckende Schutzmaßnahme, insbesondere eine Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung, wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, weder in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung noch im Wege verfassungskonformer Auslegung einen Anspruch auf Entschädigung.
2. Mit den Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 Abs. 1 und § 56 Abs. 1a IfSG, dem Anspruch auf Impfschadenversorgung nach § 60 IfSG und der Entschädigung für Nichtstörer nach § 65 IfSG enthält der Zwölfte Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes punktuelle Anspruchsgrundlagen, denen das planmäßige Bestreben des Gesetzgebers zugrunde liegt, die Entschädigungstatbestände auf wenige Fälle zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen.
3. Entschädigungsansprüchen aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht beziehungsweise aus enteignendem Eingriff steht entgegen, dass die im Zwölften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes enthaltenen Entschädigungsbestimmungen - jedenfalls für rechtmäßige infektionsschutzrechtliche Maßnahmen - eine abschließende spezialgesetzliche Regelung mit Sperrwirkung darstellen.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2022:170322UIIIZR79.21.0
Fundstelle(n): BB 2022 S. 705 Nr. 13 DB 2022 S. 1065 Nr. 17 DStR-Aktuell 2022 S. 14 Nr. 11 NJW 2022 S. 2252 Nr. 31 NWB-Eilnachricht Nr. 12/2022 S. 819 WM 2022 S. 829 Nr. 17 ZIP 2022 S. 4 Nr. 13 ZIP 2022 S. 845 Nr. 17 JAAAI-59792