Unterlassungsvollstreckung: Geltung des außerstrafrechtlichen Doppelahnungsverbots für die Festsetzung von Ordnungsmitteln; zweifache Verhängung von Ordnungsmitteln auf der Grundlage von Hauptsachetitel und einstweiliger Verfügung
Leitsatz
1. Für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO gilt nicht das allein auf Kriminalstrafgesetze anwendbare Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG, sondern das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot. Dieses ist verletzt, wenn die Gegenstände der früheren und späteren Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Anlass, Ziel und Zweck in allen Einzelheiten identisch sind (Anschluss an , BeckRS 1989, 6919 [juris Rn. 11]).
2. Hat der Schuldner gegen ein im Wege der einstweiligen Verfügung ergangenes Verbot der Produktkennzeichnung verstoßen, weil er seine Abnehmer nicht aufgefordert hat, das in beanstandeter Weise gekennzeichnete Produkt vorläufig nicht weiterzuvertreiben, und ist der Schuldner auch nach Zustellung eines gleichlautenden, in der Hauptsache ergangenen Unterlassungstitels nicht tätig geworden, so liegt in der zweifachen Verhängung von Ordnungsmitteln wegen des vor Vollstreckbarkeit des Hauptsachetitels begangenen Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung und wegen nachfolgenden Verstoßes gegen den Hauptsachetitel kein Verstoß gegen das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer: ECLI:DE:BGH:2022:210422BIZB56.21.0
Fundstelle(n): NJW 2022 S. 10 Nr. 35 NJW 2022 S. 3363 Nr. 46 WM 2022 S. 1782 Nr. 37 ZIP 2022 S. 1993 Nr. 39 OAAAJ-19963